Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

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dufte, ohne diese und ohne Zucker und Milch doch sicherlich nicht zu 
trinken sei — der vergesse nicht, daß vielleicht keins der grünen Blätt¬ 
lern in der Kanne China oder Japan jemals gesehen hat! 
33. Der Kaffee. 
Aus allen Tischen in aller Welt dampft der würzige braune Trank 
aus den Bohnen von Mokka, Westindien oder Ostindien — der 
Kaffee. Der Muselmann schlürft ihn, behaglich mit untergeschlage¬ 
nen Beinen aitf der Erde sitzend, aus kleinen Tassen ohne Zucker und 
Milch zu seiner Pfeife Tabak- der seine Pariser genießt ihn inseinen 
von Gold und Spiegeln glänzenden Cafts aus Tassen, die mindestens 
noch einmal so groß sind, als die unseren, und selbst des armen säch¬ 
sischen Erzgebirgers Familie sitzt Sonntags um den dampfenden Topf 
mit brauner Flüssigkeit und trinkt zu den Erdäpfeln ihr „Schälchen 
Kaffee", obschon vielleicht keine Kaffeebohne in dem aus gebrannten 
Cichorienwurzeln, Mohrrüben, Runkelrüben, Gerste oder 
Korn gebrauten Getränke zu finden ist. 
Aber die Menschen haben wirklich einmal ohne Kaffee gelebt, — 
so wenig das auch unsere Kaffeeschwestern glauben werden. Noch vor 
300 Jahren kannte man den Kaffee in Europa^ gar nicht: ein Arzt 
brachte ihn im 16. Jahrhunderte als Arzenei aus Ägypten nach Venedig, 
und erst zu Ende des 17. Jahrhunderts fing man an, ihn in Deutsch¬ 
land zu trinken, und das erste Kaffeehaus in Leipzig soll erst 1694 
errichtet worden sein. Jetzt verbraucht Europa allein jährlich über 
drittehalbhundert Millionen Pfund Kaffee! 
In des glücklichen Arabiens gewürziger Luft wuchs der erste 
Kaffee, die Mokkabohne. Dank dem Bürgermeister Mieser von 
Amsterdam, der 1690 den ersten Kaffeebaum nach Batavia und 
den ostindischen Kolonien brachte, von wo aus die betriebsamen 
Holländer Europa mit theurem Kaffee versorgten. Dank dem Fran¬ 
zosen Elieux, der trotz aller Vorsicht der Holländer, die den kostbaren 
Handelsartikel gern für sich allein behalten hätten, ein kleines Kaffee¬ 
bäumchen in Ceylon sich zu verschaffen wußte und es auch nach den 
französischen Kolonien verpflanzte! Fast wäre der Versuch mißlungen, 
denn auf dem Schiffe, das Elieux mit seinem kostbaren Schatze trug, 
trat Wassermangel ein, und das Bäumchen wäre verdorrt, wenn der 
Franzose nicht seine kleine Portion Wasser täglich mit seinem Zöglinge, 
dem kleinen Kaffeebaume, getheilt hätte. So brachte er ihn glücklich 
nach Martinique, wo das Bäumchen sich so vermehrte, daß schon 36 
Jahre später 18 Millionen Pfund Kaffee von dort ausgeführt wurden 
und in wenigen Jahren alle Antillen mit Kaffeepflanzungen bedeckt 
waren. Diesen glücklichen Uufftänden hat es der liebe Leser zu danken, 
daß er jetzt sein Täßchen Kaffee zu billigem Preise in aller Gemüth¬ 
lichkeit trinken kann. 
Unsere Kaffeebohnen sind die Kerne der Frucht des Kaffeebaums. 
Aus regelmäßigen und durch andere Bäume eingefaßten Vierecken stehen 
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