Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

453 
feit der Gewässer, eine schimmernde Bläue des Himmels, einen strahlenden Glanz 
der nächtlichen Gestirne, wie er solche noch nie erlebt. Bald stießen sie auch aus 
mehr gebildete und kriegerische Einwohner. Ihre Könige hießen Kaziken. Einer 
derselben erzählte dem Columbus, freilich mehr durch Zeichen, als durch Worte, 
daß zuweilen Feinde von den benachbarten karaibischeu Inseln sie überfielen, 
die Gefangenen fortschleppten, brieten und — auffräßen. Auch gab er ihm eine 
Menge Gold für kleine Messer, Spiegel, Schnüre und ähnliches^ Spielzeug, be¬ 
merkte ibm aber, das eigentliche Goldland sei weiter gegen Süden zu suchen. 
Columbus gab dem Kaziken zu verstehen, er wolle auf seiner Insel (Hispaniola 
oder Haity) eine kleine Festung zum Schutze gegen jene Menschenfresser erbauen 
und eine Hülfsbesatzung darin zurücklassen, was denn die Emgebornen mit großer 
Freude erfüllte. Columbus selbst mußte an seine Rückkehr denken, weil ein 
Schiff ihm gescheitert war und ihm seine Begleiter nicht sehr zuverlässig schienen; 
39 Spanier ließ er zurück, ermahnte sie zu einem friedlichen Benehmen gegen die 
Indianer, nahm einige Eingeborne und Erzeugnisse ihres Bodens mit an Bord 
und ging endlich am 3. Januar 1493 wieder unter Segel. 
Ein fürchterlicher Sturm hätte aber den kühnen Seglern und ihren wichtigen 
Nachrichten beinahe Vernichtung gebracht. Columbus, dem alles daran lag, 
daß die wichtige Aufgabe seines Lebens, die er nun gelöst, der Menschheit nicht 
verloren gehe, schrieb eilig eine Nachricht von seinen Entdeckungen aus Pergament, 
steckte dies, sorgfältig verwahrt, in eine Tonne und warf sie ins Meer. Nun 
erwartete er ruhig sein Schicksal. Doch sollte ihm die Freude zu Theil werden, 
selbst das Gelingen seines Unternehmens zu berichten. Der Himmel klärte sich 
auf und am 15. März 1493 lief Columbus in den spanischen Hafen von 
Palos ein. Mit welchem Jubelgeschrei wurde er da von der gaffenden Menge 
empfangen, die ihn vor 7 Monaten an eben der Stelle hatten abfahren sehen! 
Man läutete die Glocken, feuerte die Kanonen ab und erdrückte ihn beinahe, als 
er, ein frommer Christ, mit den Seinen in Prozession nach der Hauptkirche ging. 
Der Hof hielt sich damals in Barcellona auf, und Columbus mußte daher 
der Länge nach ganz Spanien durchziehen. Dies war ein wahrer Triumpbzug, und 
nachdem er feierlich vor Ferdinand und Isabellen, die auf dem Throne 
saßen, Bericht abgestattet, da herrschte ein Entzücken, eine Begeisterung in der 
Versammlung, daß Columbus fühlte, er sei reichlich belohnt für alle Mühen 
und Opfer, die er gebracht; es war der schönste Tag seines Lebens. 
Durch ganz Europa flog das Gerücht von der neuentdeckten Welt und erfüllte 
alle, besonders aber die Gelehrten, mit Bewunderung und Entzücken. Jetzt 
wollte alles nach der neuen Welt, um mit Gold und Schätzen beladen nach 
einigen Monaten wieder zurückzukehren. Mit Columbus segelten alsbald 1500 
Menschen ab; neue Inseln wurden entdeckt, große Reichthümer zusammengescharrt. 
Aber die armen Eingebornen wurden von den geldgierigen Spaniern schrecklich 
mißhandelt und Columbus selbst, als ein Ausländer, mit Undank belohnt. 
Der König hielt ihm den Vertrag nicht, sandte einen vornehmen Spanier als 
Unterkömg an des Columbus Stelle, und dieser ließ sogar den edlen Mann 
in Ketten legen. Der König sprach ihn zwar wieder frei, aber die ihm feierlich 
zugesicherten Bedingungen des Vertrags wurden ihm nicht gehalten; und ob er 
gleich noch drei Reisen unternahm und neue Länder entdeckte, so achtete man sei¬ 
ner doch nicht mehr, und von Kummer niedergebeugt, beschloß er 1506 lebens¬ 
müde seine Laufbahn. Seine Leiche wurde nach der Insel Cuba gebracht. 
Nicht einmal den Namen hat er dem neuentdeckten Erdtheile gegeben, welcher 
vielmehr nach einem fast verdienstlosen Florentiner, Amerigo Vespuci, der 
behauptete, zuerst das Festland entdeckt zu haben, Amerika genannt wurde. Die 
neuere Zelt suchte diese Unbill etwas zu vergüten, indem eine Republik des süd¬ 
lichen Amerika und der Hauptbezirk der Vereinigten Staaten Nordamerikas fick 
den Namen Columbia beilegten. 
Mag der Staub der Edlen modern, 
Die dem Kampf fürs Rechte sich geweiht: 
Ihres Ruhmes Flammenzüge lodern 
In dem Tempel der Unsterblichkeit!
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.