IX. Die Ebene.
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ebene und reizlosere Heide. Darum treiben die Bewohner auch zum Teil
Ackerbau, zum Teil nutzen sie die Schätze der Heide an Quarz, Holz,
Eisen nsw. in reger Fabriktätigkeit aus.
An der Grenze der Heide liegt im Osten die Stadt Lüben in ganz
ebener Gegend. Es ist eine alte Stadt, jetzt Garnison eines Dragoner¬
regiments und Sitz einer Provinzialheilanstalt. Ihre Einwohnerzahl ist in
ständigem Zunehmen begriffen.
Weiter südwestlich bezeichnet Haynau die Heidegrenze. Die Stadt ist
sehr alt und weist noch mancherlei altertümliche Bauten auf, zu denen auch
die evangelische Kirche gehört. Haynau hat im Dreißigjährigen Kriege und
schon vorher unter der Herrschaft der Piasten schwer gelitten. In neuerer
Zeit hat sich hier eine lebhafte Handschuhfabrikation entwickelt.
Sehr alt ist auch das westlich gelegene Bunzlau, d. i. „Boleslawstadt".
Die Stadt entstand ganz ähnlich wie Görlitz unter dem Einflüsse der alten
Handelsstraße von Breslau nach Dresden, die hier den Bober überschritt.
Bunzlau war auch befestigt und hat besonders im Dreißigjährigen Kriege viel
gelitten. Die Befestigungsmauern stehen zwar zum größten Teil hellte noch;
aber die Tore sind beseitigt und die Wälle zugeschüttet worden. So sonnte
sich die Stadt lingehindert ausdehnen. Recht schmucke Villenstadtteile sind
auf der Löwenberger Seite entstanden. Vor der Stadt errichtete im 18. Jahr¬
hundert der fromme Maurermeister Zahn ein Waisenhaus, das noch heute
besteht und den Hauptteil der „Königlichen Waisen- und Schulanstalt" bildet.
Der Tonreichtum der umliegenden Hügel hat in Bunzlau eine welt-
berühmte Töpserindustrie hervorgerufen, die jetzt in mehreren Fabriken
im großen betrieben wird. Ihr Wahrzeichen ist „der große Topf", ein un¬
gebrannter Topf von doppelter Manneshöhe, der „dreißig Scheffel Erbsen
mißt". Das „Bunzlauer Geschirr" wird in alle Weltgegenden versandt.
Außerdem bestehen jetzt in Bunzlau die großen Tonröhrenfabriken der Firmen
Hoffmanu und Küttner.
Die Nähe der Heide hat Glas- und Eisenhütten hier entstehen lassen,
und die vortrefflichen Sandsteine aus den Brüchen von Warthau werden
in einer großen Steinmetzerei und Bildhauerei (Zeidler und Wimmel)
verarbeitet.
Bunzlau ist der Geburtsort von Martin Opitz voll Boberfeld, ge¬
nannt „der Boberschwan", des Begründers der neuhochdeutschen Poesie. Auf
der Promenade ist ihm ein würdiges Denkmal errichtet worden.
Bunzlau liegt all der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn. Diese über¬
schreitet den Queis bei Siegersdorf, dessen Tonwarenwerke mit denell in der
Umgebung Naumburgs, das weiter flußaufwärts liegt, wetteifern.
Auch die an der Neiße gelegene Kreisstadt Rothenburg betreibt Töpferei.
An demselben Flusse liegt lveiter abwärts Priebus. Jll seinem alten
„Hungerturme" ließ einst ein Piastenherzog den andern verhungern.
Bei Muskau verläßt der Fluß unsere Provinz (s. S. 96). Hier legte
Fürst Pückler am Beginn des 19. Jahrhunderts einen ausgedehilten Park an,
der Berühnltheit erlangte; denn fein Plan beruht auf sorgfältigen Studieil
und entspricht den Gesetzen der Schönheit. Der Park überrascht durch seine
Baumgruppen, Wasserläufe, Teichflächen, Bildsäulen und Lusthäuser, die alle
harmonisch zusammeil gehören.