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Die Bevölkerung.
mannigfachen verwandtschaftlichen Beziehungen der Plasten zu deutschen Fürsten¬
häusern zusammen. Ein zahlreicher deutscher Ritterstaud zog in die Land¬
schaft. Aus deutschen Höflingen und ihren Vettern wurden schnell schlesische
Grundbesitzer, an Stelle der slawischen Kastellanei trat das deutsche Lehn-
gnt. Mehr noch beförderte die Geistlichkeit deutsche Sitten. Priester und
Mönche wanderten unablässig von Westen her in das halbwilde Land.
Augustinerchorherren ans Artois gründeten das Sandkloster in Breslau,
Zisterzienser aus Psorta an der Saale schon im zwölften Jahrhundert das
reiche Kloster Leubus, und Nonnen desselben Ordens aus Bamberg rief die
heilige Hedwig nach Trebnitz. „Und jedes Kloster stand als ein Festungswerk
deutschen Wesens." Besonders Boleslaus der Lange (um 1160) tat viel für
diese Verbreitung des Deutschtums. Seinem Beispiel folgten die kleineren
Grundbesitzer, und so entstanden viele Kolonisten orte. Die Anlage eines
deutschen Ortes geschah regelmäßig nach derselben Methode. Die Grund-
herren machten Kontrakte mit einem Unternehmer. Er hatte die deutsche
Stadt oder Bauernschaft einzurichten. Dafür wurde er selbst Vogt der Stadt
oder Schulze des Dorfes. Er war Ortsobrigkeit, hatte die Stenern zu er¬
heben und abzuliefern. Die Gemeindegenossen saßen als freie Männer in
erblichem Besitz. Die Kolonisten wählten für ihre Ansiedlnngen am liebsten
Flußtäler. Von der Berglehne zu beiden Seiten des Tales wurde jedem
Ansiedler ein Streifen Landes zugeteilt, und zwischen ihnen erbaute er seinen
Hof. Diese streifenförmige Einteilung der Feldflur ist noch jetzt an vielen
Orten zu erkennen. Ost wurden mehrere Slawendörfer zu einem deutschen
Dorfe vereinigt. Vielfach aber gründete man in der Nähe des slawischen Ortes
einen neuen deutschen. Dann erhielt jener den Beinamen „Alt" oder „Pol¬
nisch", dieser die Zubezeichnnng „Neu" oder „Deutsch".
Wo Gelegenheit zu einem Markte war, oder wo sich größere Tätigkeit
regte und die Fremden zahlreicher wurden, da gaben die Landesherren dem
rittermäßigen Unternehmer das Recht zur Anlage einer Stadt nach deutschem
Rechte. Die Städte — Goldberg wird schon 1211 als Stadt genannt, Breslau
erst zur Zeit des Mongoleneinfalls — erhielten außer dem Ackerland oft
Wald, Weide, Fischerei, Jagdrecht, zuweilen auch das Meilenrecht für städtische
Gewerbe. Die Bürger waren sämtlich frei und regierten ihr Gemeinwesen selbst.
Der Herkunft nach sind die Deutschen Schlesiens teils Niedersachsen, teils
Franken. Aber es ist aus diesen verschiedenartigen Volksstämmen ein einheit¬
licher Stamm mit einer ganz bestimmt entwickelten Mundart entstanden. Bei
dieser unterscheidet sich allerdings der Gebirgsdialekt deutlich vom „Nieder¬
ländischen", dessen charakteristische Laute ei und au sind.
Was die slawischen Piasten des dreizehnten Jahrhunderts begannen, be¬
endeten die deutschen Hohenzollern des achtzehnten Jahrhunderts: erst die Er¬
oberung Schlesiens durch sie vollendete die Germanisiernng des Landes, „erst seit
der Zeit erhielten die Schlesier das Selbstgefühl, eine eigene Landsmannschaft
Deutschlands zu sein in unauflöslichem Verbände mit ihren Bruderstämmen".
So hat Friedrich der Große besonders für die Germanisiernng Oberschlesiens
ans der rechten Oderseite gesorgt. — Die Bevölkerung Schlesiens hat ihre
preußisch - deutsche Gesinnung schon ein halbes Jahrhundert nach der Besitz¬
ergreifung durch die Hohenzollern in den Kriegen von 1806 und 1807 und
in den Freiheitskriegen bewiesen.