§ 62. Die Republik Frankreich.
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Ausfuhr. Viehzucht wird namentlich im NW. und in den Gebirgs¬
gegenden betrieben, wo es an guten Weiden nicht mangelt. Der ur¬
sprüngliche Waldreichtum des Landes ist durch unvernünftiges Ab¬
holzen sehr vermindert. Mineralschätze besitzt Frankreich im ganzen
nicht viel. Steinkohlen- und Eisenlager sind zwar all mehreren Stellen
vorhanden, doch reichen sie für den Bedarf der Industrie nicht aus,
so daß jährlich noch bedeutende Mengen aus Belgien, England und
Deutschland eingeführt werden müssen.
Der natürliche Reichtum des Landes ist durch eine frühzeitig ent¬
wickelte Industrie noch bedeutend vermehrt worden. Hervorragendes
leisten die Franzosen namentlich in der Seiden-Industrie und in der
Herstellung von Kunst-, Luxus- und Modegegenständen. Im Gegensatz
zu England ist Wohlhabenheit in Frankreich viel gleichmäßiger über
das ganze Volk verbreitet. Wirkliche Armut ist im ganzen selten.
In den Wissenschaften, namentlich der Medizin und den Natur¬
wissenschaften, haben die Franzosen seit jeher Bedeutendes geleistet.
Für den Volksunterricht dagegen ist erst in letzterer Zeit mehr geschehen.
Die Staatsform hat in Frankreich in dem letzten Jahrhundert
vielfach gewechselt. Seit 1870 ist Frankreich Republik. An der
Spitze steht ein auf je sieben Jahre gewählter Präsident. Eingeteilt
wird Frankreich in 87 Departements, die meist nach Flüssen oder Ge¬
birgen benannt sind. Daneben sind auch die alten Provinznamen noch
im Gebrauch.
1. Das Seine-Gebiet. In der Mitte von Isle de France
(insula Franciae), welches Frankreich den Namen gegeben, Paris,
2450000 Einw., am Zusammenfluß von Seine und Marne, Hptst.
des Landes, mit seinem dreifachen Kranz von Befestigungen die gewal¬
tigste Festung der Erde; Mittelpunkt des Verkehrs, der durch Seine,
Marne und zahlreiche hier zusammentreffende Eisenbahnen vermittelt
wird. Bedeutende Industrie (Kunst-, Luxus- und Modeartikel).
Paris ist reich an Prachtbauten, zu denen die benachbarten Kalksteinbrüche
ein vortreffliches und leicht zu bearbeitendes Material liefern. Nachdem unter
Napoleon III. auch viele der alten, winkligen Straßen entfernt und die alten
Befestigungen in herrliche Promenaden (Boulevards) umgewandelt sind, ist es eine
der prächtigsten Städte Europas geworden. Auf der Seine-Insel, dem ältesten
Stadtteil, wo schon zur Gallier-Zeit ein befestigter Ort (Uutetia Üari3ioruw)
lag, die alte Kathedrale Notredame. Nördlich der Seine das Palais Royal (der
Palast der ehemaligen französischen Könige), die Tuilerien (der kaiserliche Palast),
der Louvre mit großartigen Kunstsammlungen, der Concordienplatz und die Ely-
seischen Felder mit dem Triumphbogen. Südlich der Seine die Universitätsbauten,
die Sternwarte und die wissenschaftlichen Sammlungen. Die Umgebung von Paris
ist sehr anmutig, hügelig und bewaldet.
Innerhalb der äußeren Befestigungen noch zahlreiche Ortschaften,
darunter im W. Versailles mit dem herrlichen Palast der franzö¬
sischen Könige, in welchem während des Krieges am 18. Januar 1871
Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser proklamiert wurde, im N. St. Denis
mit alter Kathedralkirche; in derselben die Gräber der französischen Könige.
Die Normandie umfaßt das Mündungsgebiet der Seine. Le
Havre an der Mündung der Seine, Ausfuhrhafen für Paris.