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sich in den schmutzigen Straßen, wo sie mit unverständlichen
Stoßgebeten die Vorübergehenden um Almosen bestürmen und
sich lieber von dem Ungeziefer auffressen lassen, als daß sie sich
die Mühe geben sollten, sich zu säubern. Außc^ ihnen durch¬
ziehen auch noch eine Menge Bettelmönche die Straßen. Auf
kranke Bettler werden von den Portugiesen nicht selten nützliche
Anschläge gemacht, denn sie nehmen sie unter dem Schein christ¬
licher Liebe in ihr Haus auf, weil nach dem Tode der Patien¬
ten sich öfters in ihren Lumpen viele Goldstücke eingenäht fin¬
den, die sich ihre Wirthe zueignen. — In den Provinzen ist es
nicht viel besser mit der Bettelei. Am Tage betteln oder stehlen
die Landstreicher; des Nachts bleiben sie in den Hütten der
Bauersleute. Bei einer Hochzeit oder Taufe finden sich oft
achtzig bis hundert ein, denen die reichen Bauern aus Fröm¬
migkeit oder Eitelkeit zu essen geben. Andere, die diesen Mi߬
brauch wohl einsehen, bequemen sich dazu aus Furcht, es möchte
ihnen dieses Gesindel das Korn anzünden. Daher sind solche
Tagediebe noch überdies sehr grob und unverschämt.
7. Lebensart und Gebräuche der Portugiesen.
Die Portugiesen haben in ihrer Lebensart und in ihren Ge¬
bräuchen vieles, das uns Deutschen ziemlich auffallend ist, weil
es von unsern vaterländischen mitten abweicht.
Ein Kaufmann zu Lissabon bringt seine Zeit ungefähr auf
folgende Art zu: Um acht Uhr Morgens geht er in die Messe,
um eilf Uhr auf die Börse, sein Mittagsmahl nimmt er um ein
Uhr ein, dann schläft er bis drei; um vier Uhr genießt er Früchte
und Abends um neun Uhr geht er zum Nachtessen. Die Zwi¬
schenstunden bringt er im Comptoir und mit Visiten oder Kar¬
tenspielen hin.
Stattet man einen Besuch bei Jemand ab, der nur über
den ,Stand eines Handwerkers ist, so muß man einen Degen
anhangen und den Hut unter den Arm nehmen. Hat die Fa¬
milie, die man besucht, Trauer, so muß man sich ebenfalls
schwarz kleiden. Ein Mann, der zu Fuß käme, würde von den
Bedienten nicht als Standesperson behandelt werden. Mit Stie¬
feln zu erscheinen würde unverzeihlich seyn, wenn man nicht zu¬
gleich Sporen trüge. Geht man aus dem Hause, so tritt der
Herr des Hauses vor seinem Gaste her; geht man aber hinein,
so kommt der Gast vor dem Hauswirth.
Die portugiesischen Frauenzimmer bedienen sich beim Mon-
denschein eines Fächers, damit ihnen der Mond nicht in's Ge¬
sicht scheine, denn sie bilden sich ein, sein Licht verderbe ihre
Farbe. Eben dieser Irrwahn herrscht auch zu Madrid, und zwar
nicht nur bei dem weiblichen Geschlechte, sondern auch bei den
Männern, die behaupten, der Mond sey in diesem Himmelsstri¬
che viel gefährlicher als die Sonne.