Full text: Ferdinand Hirts Neues Realienbuch für die Provinz Brandenburg

II Geographie. 1 
Die Alpenflüsse. Von der Gletschermilch, dem weißlichtrüben Gletscher— 
wasser, trinken die Alpenbäche, die in alle Täler hinabtosen. Die wilden 
Gletscherbäche sammeln sich und bilden Flüsse und Ströme. Nicht überall ver— 
breiten sie Segen; denn sie führen auch viel Geröll mit sich. Manche bedecken 
damit den Boden der Täler und nehmen diesen alle Fruchtbarkeit. 
Die bedeutendsten Alpenflüsse sind der Po, der Rhöne, der Rhein, 
(S Fluß), der aus den Alpen durch die Aare und Reuß, die Donau, die 
durch den Inn, die Drau und die Sau verstärkt wird, ferner die Etsch. 
Die Alpenseen. Sowohl den nördlichen wie auch den südlichen Apenrand 
schmücken zahlreiche Alpenseen. (UÜber deren Entstehung vgl. S3. Nenne 
die größten Alpenseenl!) 
Der Mensch in den Alpen. Der Mensch kann in den Apen fast nur die 
warmen Täler bewohnen. Auf den Alpenmatten aber weidet er während 
des Sommers sein Vieh; er treibt Alpenwirtschaft. Im Gebiete der Vor— 
alpen wird die Apenwirtschaft stärker betrieben als in den Hauptalpen. Außer 
der Viehzucht bilden auch Holzschnitzerei und allerlei aadre Gewerbe Er— 
werbsquellen der Alpenbewohner. Zwischen dem Vierwaldstätter und dem 
Bodensee blüht die Baumwollweberei, in Basel und Zürich die Seiden— 
industrie, in Genf und auf dem Jura-⸗Gebirge, das den Alpen im NW. vor— 
gelagert ist, die Uhrenherstellung, in Zürich und Winterthur der Maschinenbau. 
Auch die Bewirtung der vielen Fremden, welche die Alpenbesuchen, ernährt 
viele Menschen. Ackerbau kann nur in den breiteren Tälern und im Vorlande 
der Apen betrieben werden. Viel verbreitet ist der Obstbau, und in vielen 
Tälern, besonders den südlichen, spielt auch der Weinbau eine wichtige Rolle. 
An mineralischen Schätzen, wie Salz, Eisen, Quecksilber, sind die Ost— 
alpen ziemlich reich; auch kleine Lager von Steinkohlen kommen vor. 
Im Verkehr mit der großartigen Natur des Hochgebirges hat der Alpenbewohner 
sich zu einem eigenartigen Menschen entwickelt E ist tatkräftig, unternehmend 
und erfinderisch; er zeigt ferner eine starke Heimat- und Vaterlandsliebe 
und hängt treu an dem von den Vätern Ererbte. Infolgedessen konnten sich auch 
alte Volksfeste und Volkstrachten bis heute erhalten Bekannt ist die Gast— 
freundschaft der Alpenbewohner, ihre Liebe zur Poesie, Malerei und Kunst. 
Das Wohnen in abgeschlossenen Tälern hat günstige und ungünstige Wirkungen 
ausgeübt. Mit der Frommigkeit ist oft ein starker Werglaube verbunden. Neuerungen 
ist der Alpenbewohner, abgesehen vom Schweizer und Franzosen, wenig zugänglich. 
Handel und Verkehr. Da es den Alpen an Getreide und gewerblichen Roh⸗ 
stoffen fehlt, ist ein bedeutender Handelsverkehr erforderlich. Dem Verkehr 
stehen große Schwierigkeiten im Wege. Mit Scharfsinn und Tatkraft wurden 
aber in den Alpen großartige Verkehrsanlagen geschaffen, die zugleich 
dem starken Reiseverkehr dienen. Neben den Saumpfaden, die über die 
Apenpässe führen, entstanden schöne Kunststraßen und Eisenbahnlinien 
mit großartigen Brückenbauten und Tunnels. Auch zahlreiche Drahtseil- und 
Zahnradbahnen wurden erbaut. 
Die wichtigsten Pässe der Apen sind Mont Cenis⸗, Simplon—-, 
St. Gotthard-, Splügen-⸗, Brenner- und Semmering-Paß. Alle
	        
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