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5. Nun rauschen schon stärker die Wälder,
Morgenlicht funkelt herauf,
Die Lerche singt über den Feldern,
Schone Lrde, nun wache auf!
Joseph 0- Eichendorff.
M. Morgenwanderung.
1. wer recht in Freuden wandern
will,
Der geh' der Sonn' entgegen;
Da ist der Wald so kirchenstill,
Nein Lüftchen mag sich regen;
Noch sind nicht die Lerchen wach,
Nur im hohen Gras der Vach
Singt leise den Morgensegen.
2. Die ganze Welt ist wie ein
Buch,
Darin uns aufgeschrieben
In bunten Zeilen manch ein Spruch,
wie Gott uns treu geblieben.
Wald und Blumen nah und fern
Und der Helle Morgenstern
Lind Zeugen von seinem Lieben.
3. Da zieht die Undacht wie ein
Durch alle Linnen leise; shauch
Da pocht ans herz die Liebe auch
In ihrer stillen weise,
pocht und pocht, bis sich's er-
schließt
Und die Lippe überfließt
von lautem, jubelndem Preise.
4. Und plötzlich läßt die Nachtigall
Im Busch ihr Lied erklingen,
In Berg und Tal erwacht der
Lchall
Und will sich aufwärts schwingen,
Und der Morgenröte Schein
Stimmt in lichter Glut mit ein:
Laßt uns dem Herrn lobsingen!
Lmanuel Geibel.
J85. Abendlied einer Vauerrmannr.
1. Das schöne große Taggestirne
vollendet seinen Lauf;
Uomm, wisch den Schweiß mir von
der Stirne,
Lieb Weib, und dann tisch auf!
2. Kannst hier nur auf der Erde
decken,
hier unterm Upfelbaum;
Da pflegt es abends gut zu
schmecken
Und ist am besten Raum.
3. Und rufe flugs die kleinen
Gäste,
Denn hör', mich hungert's sehr;
Bring auch den Kleinsten aus dem
Neste,
wenn er nicht schläft, mit her!
4. Und haben wir nicht herren-
sutter,
So haben wir doch Brot
Und schöne, frische, reine Butter
Und Milch, was dann für Not?