Full text: Anschaulich-ausführliches Realienbuch

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sich mit dem einen Fuß auf die schmale Eisenstange, woran die Feuerlaterne hing, 
während er den andern Fuß übermütig in die Luft emporhob. Eine Messingtafel 
bezeichnet noch heute diese Stelle. Ohne Furcht ging er mit dem Speer dem Bären 
entgegen und nahm den Kampf mit ihm auf. Am liebsten aber verfolgte er die flüchtigen 
Gemsen und erkletterte dabei nicht selten die steilsten Felsen. (Martinswand). Im 
Turnier war er Meister, und als einst in Worms ein prahlerischer Franzose lange 
Zeit keinen Gegner finden konnte, war er der einzige, der den Kampf mit ihm auf¬ 
nahm und ihn nach kurzem Anlauf in den Sand warf. Mit Maximilian schließt das 
Mittelalter; Pulver und Blei verdrängten Schild und Lanze; die Turniere hörten 
auf; eine neue Zeit brach an. Er war der letzte Kaiser, der in den ritterlichen Künsten 
des Mittelalters erzogen war; daher sein Beiname „der letzte Ritter". 
2. Die ersten Posten. In früheren Zeiten, als es noch keine Posten und 
Eisenbahnen gab, war das Reisen mit unzähligen Hindernissen verknüpft. Wer eine 
größere Reise antrat, nahn: nicht selten vorher das h. Abendmahl und machte sein 
Testament. Schon der Orden der Deutschritter richtete im 14. Jahrhundert „Brief¬ 
ställe" und „Reitposten" ein. Reitende Boten beförderten die Briefe von einer 
Handelsstadt zur andern. Nach Orten aber, die nicht an der Landstraße lagen, konnte 
man Briefe nur mit Gelegenheit oder durch eigene Boten senden. Pakete und Per¬ 
sonen wurden durch Lohnkutschen befördert. Da richtete Maximilian durch den Grafen 
von Thurn und Taxis 1516 die erste regelmäßige Postverbindung zwischen Wien 
und Brüssel ein. Seinem Beispiele folgten bald andere Reichsländer; aber erst in 
der Mitte des 17. Jahrhunderts fing man an, auch Personen durch die Post zu be¬ 
fördern. Doch war es lange Zeit ein gewagtes Unternehmen, seine gesunden Glieder 
dem zerbrechlichen Postwagen anzuvertrauen. Die Fahrgäste der langsamen „Post¬ 
schnecke" ahnten noch nichts von der Großartigkeit und Schnelligkeit unseres heutigen 
Postverkehrs, der, unterstützt durch Eisenbahnen, Telegraphen und Telephone, einem 
Sturmwinde gleich, sich um den ganzen Erdball bewegt. 
3. Landfriede. Auf dem Reichstage zu Worms wurde 1495 der ewige Land¬ 
friede gestiftet. Damit war der Fehdelust der Ritter ein Ende gemacht; denn Acht und 
Bann drohten dem, der auf eigene Faust auszog, seinen Feind zu bestrafen. Zur 
Schlichtung aller Streitigkeiten wurde das Reichskammergericht eingesetzt, das 
weder vom Kaiser noch von einem andern Landesherrn abhängig sein sollte. Alle 
deutschen Landstände freuten sich dieser Einrichtung, die Schweiz aber wollte sie 
nicht anerkennen und riß sich 1499 ganz vom deutschen Reiche los. — 
4. Landsknechte. Um den Einfällen der Türken und Franzosen wehren zu 
können, errichtete Maximilian ein Reichsheer. Es bestand aus Söldnern, die meistens 
aus dem Bauernstande hervorgegangen waren und den Namen „Landsknechte" er¬ 
hielten. Schon früher hatte man — besonders in den Städten — mit Söldnerscharen 
Krieg geführt; in der Regel aber hatten die Ritter den Kern des Heeres gebildet. 
Als jedoch im Anfange des 14. Jahrhunderts das Pulver und damit zugleich die 
Feuerwaffe immer mehr in Gebrauch kam, da traten an Stelle der Ritter immer 
häufiger „geworbene" Kriegsleute, die das Geschäft rein handwerksmäßig betrieben 
und bald diesem, bald jenem Herrn dienten. Das waren die Söldner. Gegen Zahlung 
eines „Handgeldes" traten sie in das Heer ein, beschworen die „Artikel" und dienteir 
ihrem Kriegsherrn auf eine bestimmte Zeit. Während dieser Zeit erhielten sie einen 
Sold, der nach unserm Gelde monatlich 20—24 Jk betrug, doch suchten sie sich 
durch Mord und Brand, Raub und Plünderung so viel als möglich zu bereichern. 
Für Kleidung und Bewaffnung hatten sie selbst zu sorgen. Sie kleideten sich ganz 
nach Belieben und trugen als Erkennungszeichen nur am Arm eine „Feldbinde".
	        
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