Full text: Anschaulich-ausführliches Realienbuch

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hielt er 1529 zu Speier einen Reichstag ab. Auf diesem beschlossen die katholischen 
Fürsten, daß die Evangelischen in Religionssachen sich aller Neuerungen enthalten 
sollten. Die evangelischen Fürsten von Hessen, Kursachsen, Lüneburg und Anhalt sowie 
14 Reichsstädte protestierten gegen diesen Beschluß, und so erhielten fortan alle, die 
der- Reformation zugethan waren, den Namen Protestanten. Im nächsten Jahre 
(1530) wurde in Augsburg ein Reichstag abgehalten. Hier überreichten die Pro¬ 
testanten das von Ph. Melanchthon verfaßte Glaubensbekenntnis (augsburgische Kon¬ 
fession). Darin war in 28 Artikeln in milden Worten dasjenige, worin man mit den 
Katholiken übereinstimme und worin man abweiche, klar gelegt worden. Der Kaiser 
ließ eine Widerlegung desselben anfertigen und forderte die Fürsten auf, bis zum 
15. März 1531 zum katholischen Glauben zurückzukehren. Um sich nun hiergegen zu 
schützen, schlossen die protestantischen Fürsten 1531 den „schmalkaldischen Bund", 
dessen Häupter der Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen und der Landgraf Philipp 
von Hessen waren. 
2. Der schmalkaldische Krieg. Da Kaiser Karl V. um diese Zeit Kriege mit 
den Türken und Franzosen zu führen hatte, so ließ er die schmalkaldischen Fürsten 
anfangs gewähren und gestattete ihnen sogar auf dem Reichstage zu Nürnberg 1532 
bis zur nächsten Kirchenversammlung Religionsfreiheit. Als er aber die Türken und 
Franzosen besiegt hatte, zog er gegen die protestantischen Fürsten zu Felde. Bei Mühl¬ 
berg kam es 1547 zur Schlacht. Der Kaiser siegte und nahm den Kurfürsten von 
Sachsen gefangen. 
Mit blutigem Gesicht und Panzer kam dieser zum Kaiser, kniete vor ihm und redete 
ihn an: „Allergnädigster Kaiser!" „So?" entgegnete Karl, „bin ich nun Euer gnädigster 
Kaiser? So habt Ihr mich lange nicht geheißen!" Da sagte der Kurfürst: „Ich bin Euer 
Kaiserlichen Majestät Gefangener und bitte um ein fürstliches Gefängnis." „Wohl," gab 
der Kaiser zur Antwort, „Ihr sollt gehalten werden, wie Ihr es verdient," und ließ ihn 
ins kaiserliche Lager abführen. Später wurde der Kurfürst zum Tode verurteilt, doch 
wagte der Kaiser nicht, das Urteil zu vollstrecken, sondern verwandelte es in ewige Ge¬ 
fangenschaft. 
Das Kurfürstentum Sachsen verlieh der Kaiser dem Herzog Moritz von Sachsen, 
seinem Bundesgenossen. Dieser war der Schwiegersohn des Landgrafen Philipp von 
Hessen. Als nun der Kaiser auch den Landgrafen gefangen nahm, zog Moritz mit einem 
Heere gegen den Kaiser, der sich krank und wehrlos in Innsbruck aufhielt, und zwang 
ihn zur Flucht. Bald darauf (1552) kam es zum Passaner Vertrage. In diesem 
wurde bestimmt, daß bis zum nächsten Reichstage niemand seiner Religion wegen 
beunruhigt und Philipp von Hessen sofort in Freiheit gesetzt werden solle. Durch 
den drei Jahre später zu Augsburg geschlossenen Religionsfrieden (1555) erhielten 
die Protestanten völlige Religionsfreiheit und Rechtsgleichheit mit den Katholiken. 
28. Der dreißigjährige Krieg. 1618—1648. 
1. Veranlassung. Nach dem Religionsfrieden zu Augsburg (1555) breitete 
sich die Reformation so schnell aus, daß am Ende des 16. Jahrhunderts mehr als 
drei Viertel aller Deutschen Anhänger der neuen Lehre waren. Auch in Böhmen 
hatte die Reformation Eingang gefunden. Der Kaiser hatte hier den Protestanten 
durch den sogenannten Majestätsbrief das Recht zugesichert, Kirchen und Schulen zu 
erbauen. Als aber Kaiser Matthias regierte, wurde dieses Recht schwer verletzt. In 
Klostergrab und Braunau waren von den Protestanten Kirchen erbaut worden. Der 
Erzbischof von Prag indes riß erstere nieder, und letztere wurde von dem Abt in 
Braunau gesperrt. Die Evangelischen wandten sich deshalb an den Kaiser, erhielten 
aber eine abweisende Antwort. Das erbitterte die Gemüter. Ein bewaffneter Haufe
	        
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