299
den Berathungen über Gesetze u. wichtige Unternehmungen Antheil
haben, wie in den meisten übrigen europäischen Staaten. Verfährt aber
das Staatsoberhaupt, ohne an irgend ein Gesetz gebunden zu sein, nach
Willkür: so findet eine Gewaltherrschaft oder Despotie Statt, wie in
der Türkei u. den meisten asiatischen u. afrikanischen Ländern. Die
Oberhäupter der Staaten führen nach dom grösseren oder kleineren Um¬
fange ihrer Länder die Titel: Kaiser, König, Grossherzog, Herzog, Fürst,
Präsident u. s. w. Im andern Falle nennt man die Verfassung der
Staaten eine freie. Hier wird die Gesetzgebung u. Verwaltung des
Staates nach einer Übereinkunft sämmtlicher Bürger desselben von
Mehren ausgeübt. Der Staat selbst heisst dann ein Freistaat oder eine
Republik, z. B. die Schweiz, die meisten Staaten Amerikas. Aber
kann wohl auch bei der freiesten Verfassung der Unterschied zwischen
Befehlenden u. Gehorchenden aufhören? — Die Religionen, zu denen
sich die Menschen bekennen, worden in solche eingetheilt, nach denen
man einen Gott (Monotheismus), u. in solche, nach denen man mehre
Götter verehrt (Polytheismus). Zu den Verehrern eines Gottes ge¬
hören zuerst die Juden; dieselben halten sich meistens in der alten Welt
auf. Ferner sind die Christen anzuführen nach ihrer Haupteintheilung
in die morgenländische u. in die abendländische Kirche. Zu den
Bekennern jener gehören die meisten Christen in der östlichen Hälfte
von Europa u. in Asien. Unter den kleinern Parteien dieser Kirche
sind die aus dem westlichen Asien stammenden, aber auch im südöstlichen
Europa wohnenden Armenier zu erwähnen. Die abendländische Kirche
ist die herrschende in Europa u. Amerika. Sie zerfällt in die römisch-
katholische, deren sichtbares Oberhaupt der Papst ist, u. in die pro¬
testantische od. evangelische Kirche. Der ersteren ist der grössere
Theil der Bewohner des l'tidl. u. westl. Europa’s und des mittleren u.
südl. Amerika’s zugethan. Die andere ist über Schottland, Dänemark,
Norwegen, Schweden, die russische Ostseeküste, über Holland, den grössten
Theil desnördl. u. einen gr. Theil des südl., westl. Deutschlands u. die nürdl.
u. westl. Schweiz verbreitet. Zu der evangelischen Kirche pflegt man
noch die bischöfliche Hochkirche in England zu rechnen; ebenso
die Brüdergemeinde oder dieHerrenhuter, dieMennoniten, die
Unitarier in Siebenbürgen; die Quäker, besonders in Nordamerika.
Die grösste Mannigfaltigkeit von christlichen Parteien ist in England u.
in den Freistaaten von Nordamerika anzutreffen. Übrigens wird das
Christenthum in den Niederlassungen der Europäer in anderen Erdtheilen
durch Heidenboten (Missionäre) ausgebreitet. — Zu den Verehrern eines
Gottes gehören endlich auch die Muhamedaner im ganzen südwestlichen
Asien, in einem gr. Theile Afrikas u. im 1‘üdöstlichenEuropa. — Die Ver¬
ehrer mehr er Götter nennt man gewöhnlich Heiden. Ihre Weife
findet sich noch bei vielen Völkern des mittleren, öftl. u. südl. Asiens, bei
vielen Völkerschaften Afrikas u. Amerikas u. den meisten Australiern.