Erstes Buch.
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Der Lauf eines jeden Gewässers ist natürlich ein Weg
aus der Höhe in die Tiefe. Man geht einen Fluß
nach der Mündung hinunter, nach der Quelle hinaus.
Auf Landkarten giebt es daher kein anderes oben, als die
Quellgegenden der Flüsse, kein anderes unten, als ihre
Mündungen in das Meer. Den Unterschied zwischen den
absoluten Höhen der Quelle und der Mündung nennen wir
sein Gefälle: die Unterschiedszahl giebt die Summe der
Fuße, welche cs von der Quelle bis zur Mündung gefallen
ist. Nur bei langsamerem Gefälle sind die Gewässer für
Schiffe gut zu befahren.
Die Flüsse haben sich aber nicht bloß die Rinne aus¬
gewaschen, welche man ihr Bett nennt, sondern sich durch
Gebirge und Stnfenländer weitere Spalten gerissen, welche
man Thäler nennt. Die einen haben dieselbe Richtung,
welche der Hauptzug des Gebirges hat und heißen Längen-
thäler, die anderen haben entgegengesetzte Richtung und
brechen durch den Hauptkamm oder seine Borketten, Qner-
thäler. Die Thäler werden gern zu Straßen über das
Gebirge benutzt (Pässe).
§. 28.
Die Landseen.
Wenn rinnendes Wasser entweder in Gebirgs- und
Hügelländern Vertiefungen voll zu füllen hat und erst nach
vollgefülltem Kessel weiter laufen kann: — oder wenn es
in Niederungen ans so flache Stellen trifft, daß es, eine Tiefe
suchend, sich nach allen Seiten ausbreiten muß, so entsteht
ein L a n d s e e. Man kann 4 Arten von Seen unterscheiden.
1) Mit sichtbarem Zufluß und Abfluß. 2) Mit sichtbarem
Zufluß, aber nicht sichtbarem Abfluß. 3) Mit Abfluß, aber
nicht sichtbarem Zufluß. 4) Solche, wo weder Zufluß noch
Abfluß sichtbar ist. Sonst kann man die Seen nach der
Beschaffenheit des Wassers einthcilen. Bei weitem die meisten
sind Süßwasser-Seen; zu den salzigen gehört jedoch der
größte Landsee der Erde, der Kaspische See, 7000
lüM. groß. Strandseen nennt man solche, die mit dem
Meere in Verbindung stehen, aber süßes Wasser haben.
Ergießt sich in solchen Strandsee ein großer Fluß, so ent¬
steht ein Hass, das vom Meere durch vorliegende Inseln
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