Neuere Geschichte
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1608 —1619: Johann Sigismund. Unter ihm stirbt der letzte Herr
der rheinischen Herzogtümer Jülich, -üleve, Berg und der westfälischen Graf¬
schaften Mark und Ravensberg. Als Schwiegersohn von besten ältester Schwester,
der Herzogin von Preußen, tritt Johann Sigismund als Erbe auf und erlangt
im Vertrag zu kanten 1614 Kleve, Mark und Ravensberg (Jülich und
Berg an Pfalz-Neuburg, seit 1815 auch preußisch). 1618 erbt er das
erledigte Herzogtum (Ost-)Preußen. Während des klevischen Erbfolgestreites
sein Übertritt zur reformierten Kirche.
1619 —1640: Georg Wilhelm sieht während des 30jährigen Krieges
seine Länder von den Kaiserlichen wie von den Schweden ausgesogen. Beim
Aussterben der Herzöge von Pommern 1637 kann er sein Erbrecht auf das
von den Schweden besetzte Land nickt zur Geltung bringen.
1640- 1688: Friedrich Wilhelm, der grotze Kurfürst, gründet
ein stehendes Heer (zuerst 3 O00, zuletzt 20 000 Mann). Seit den Erwer¬
bungen von 1648 (S. 51) dehnt sich sein Staat über das ganze nördliche
Deutschland aus: obwohl noch mehrfach des Zusammenhangs entbehrend, über¬
ragt derselbe an Umfang doch alle übrigen deutschen Fürstentümer. Er ist ge¬
zwungen, sowohl in den polnisch-schwedischen wie in den französisch¬
niederländischen Verwicklungen eine Partei zu ergreifen. 1656 mit
Karl X von Schweden verbündet, hilft er diesem die Schlacht bei Warschau
gewinnen (Derfflinger); >657 zu Polen übertretend, erlangt er die
Souveränität über Preußen, die im Frieden zu Oliva 1660 allgemein
anerkannt wird.
1675: 18. Juni Schlacht bei Fehrbellin über die von Ludwig XIV
im zweiten Raubkriege (S. 52) zum Einfall nach Brandenburg verlockten
Schweden, erster selbständiger Sieg des branden burgischen Heeres. Der
Kurfürst erobert Vorpommern, zieht über das gefrorene, frische Hass nach
Preußen, verfolgt die Schweden bis Riga: vom Kaiser und von Holland im
Stich gelassen, muß er Vorpommern im Frieden von 1679 wieder herausgeben.
Im Frieden ebenso groß wie im Kriege. Er führt eine stehende Steuer
in den Städten ein, (Accise, Schlacht- und Mahlsteuer), beseitigt die dem Regenten
hinderlichen Reckte der Stände, selbst mit Anwendung von Gewalt (Königsberg),
begründet durch seine unumschränkte Fürstengewalt die staatliche Einheit der
räumlich zersplitterten Landesteile.
Versuche zur Gründung einer Flotte, afrikanische Handelscompagnie,
Kolonieen, Friedrich-Wilhelmskanal, selbständige Post. Aufnahme von 20 000
Hugenotten. (S. 52).
1688—1713: Friedrich III, seit 18. Januar 1701 Friedrich I als
König in Preußen. PrunkvolleKrönung in Königsberg. Stiftung des schwarzen
Adlerordens. Das neue Königreich im Utrechter Frieden (S. 53) allgemein
anerkannt. Friedrich gründet die Universität Halle, die Akademie der Künste
und Wissenschaften in Berlin. Glänzende Hofhaltung.
1713—1740; Friedrich Wilhelm I erwirbt Vorpommern (S. 54),
bringt durch Sparsamkeit die Finanzen in Ordnung, gewöhnt durch strenge Zucht
Heer und Volk an Gehorsam, Pflichtgefühl und Hingebung an den Staat, ver¬
größert sein Heer bis auf 80 000 Mann. Er nimmt die Salzburger Protestanten