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weiter, immer nach dem Dorfe seiner Mutter zu. Die Hitze
ward drückender, je näher der Mittag kam, und Hans befand
sich in einer Einöde, die wohl noch eine Stunde dauerte. Da
ward ihm ganz heiss, so dass ihm vor Durst die Zunge am Gau¬
men klebte. „Dem Ding ist zu helfen,“ dachte Hans, „jetzt
will ich meine Kuh melken und mich an der Milch Iahen! “ Er
band sie an einen dürren Baum, und da er keinen Eimer hatte,
so stellte er seine Ledermütze unter; aber wie er sich auch
bemühte, es kam kein Tropfen Milch zum Vorschein. Und weil
er sich ungeschickt dabei anstellte, so gab ihm das ungeduldige
Tier endlich mit einem der Hinterfüfse einen Schlag vor den
Kopf, dass er zu Boden taumelte und eine Zeitlang sich gar
nicht besinnen konnte, wo er war. Glücklicherweise kam gerade
ein Metzger des Weges, der auf einem Schiebkarren ein junges
Schwein liegen hatte. „Was sind das für Streiche!“ rief er
und half dem guten Hans auf. Hans erzählte, was vorgefallen
war. Der Metzger sprach: „Die Kuh will wohl keine Milch
geben? Das ist ein altes Tier, das höchstens noch zum Ziehen
taugt oder zum Schlachten.“ — „Ei, ei,“ sprach Hans und strich
sich die Haare über den Kopf, „wer hätte das gedacht! Es ist
freilich gut, wenn man so ein Tier abschlachten kann; was
giebt’s für Fleisch! Aber ich mache mir aus dem Kuhfleisch
nicht viel; es ist mir nicht saftig genug. Ja, wer so ein
junges Schwein hätte! Das schmeckt anders; dabei noch die
Würste!“ — „Hört, Hans,“ sprach da der Metzger, „Euch zu
Liebe will ich tauschen und will Euch das Schwein für die Kuh
lassen.“ — „Schönen Dank für Eure Freundschaft!“ sprach
Hans, übergab ihm die Kuh, liess sich das Schweinchen vom
Karren losmachen und den Strick, daran es gebunden war, in
die Hand geben.
5. Hans zog weiter und überdachte, wie ihm doch alles
nach Wunsch ginge; begegnete ihm ja einmal eine Verdriesslichkeit,
so wurde sie auch gleich wieder gut gemacht. Es gesellte sich
darnach ein Bursche zu ihm, der trug eine schöne, weifse Gans
unter dem Arm. Sie boten einander die Zeit, und Hans fing
an von seinem Glücke zu erzählen, und wie er immer so vor¬
teilhaft getauscht hätte. Der Bursche erzählte ihm, dass er die
Gans zu einem Hochzeitsschmause brächte. „Hebt einmal,“ fuhr
er fort und packte sie bei den Flügeln, „wie schwer sie ist!
Die ist aber auch acht Wochen lang gemästet worden.“ — „Ja,“
sprach Hans und wog sie mit der einen Hand, „die hat ihr
Gewicht; aber mein Schwein ist auch nichts Geringes!“ Indessen
sah sich der Bursche nach allen Seiten ganz bedenklich um,