Full text: Für die Mittelklassen mehrklassiger Schulen (Teil 1)

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schüttelte auch wohl mit dem Kopfe. „Hört,“ fing er darauf 
an, „mit Eurem Schweine mag’s nicht ganz richtig sein. In 
dem Dorfe, durch das ich gekommen bin, ist eben dem Schulzen 
eins aus dem Stalle gestohlen worden. Ich fürchte, ich fürchte, 
Ihr habt’s da in der Hand! Sie haben Leute ausgeschickt, 
und es wäre ein schlimmer Handel, wenn sie Euch mit dem 
Schwein erwischten; das Geringste ist, dass Ihr ins finstre Loch 
gesteckt werdet.“ Dem guten Hans ward bange. „Lieber 
Freund,“ sprach er, „helft mir aus der Not! Ihr wisst hier 
herum besser Bescheid; nehmt mein Schwein da und lasst mir 
Eure Gans!“ — „Ich muss schon etwas aufs Spiel setzen,“ 
antwortete der Bursche, „aber ich will doch nicht schuld sein, 
dass Ihr ins Unglück geratet.“ Er nahm also das Seil in die 
Hand und trieb das Schwein schnell auf einem Seitenwege fort; 
der gute Hans aber ging, seiner Sorgen entledigt, mit der Gans 
unter dem Arme der Heimat zu. „Wenn ich’s recht überlege,“ 
sprach er bei sich selbst, „habe ich noch Vorteil bei dem 
Tausch; erstlich den guten Braten, hernach die Menge von 
Fett, die herausträufeln wird, — das giebt Gänsefettbrot auf 
ein Vierteljahr, und endlich die schönen, weissen Federn, die 
lasse ich mir in mein Kopfkissen stopfen, und darauf will ich 
wohl ungewiegt einschlafen. Was wird meine Mutter eine Freude 
haben!“ 
6. Als er durch das letzte Dorf gekommen war, stand da 
ein Scherenschleifer mit seinem Karren. Sein Bad schnurrte, 
und er sang dazu: 
Ich schleife die Schere und drehe geschwind 
und hänge mein Mäntelchen nach dem Wind! 
Hans blieb stehen und sah ihm zu; endlich redete er ihn an 
und sprach: „Euch geht’s wohl, weil Ihr so lustig bei Eurem 
Schleifen seid.“ — „da,“ antwortete der Scherenschleifer, „das 
Handwerk hat einen goldenen Boden. Ein rechter Schleifer ist 
ein Mann, der, so oft er in die Tasche greift, auch Geld darin 
findet. Aber wo habt Ihr die schöne Gans gekauft?“ — „Die 
hab’ ich nicht gekauft, sondern für mein Schwein eingetauscht.“ 
— „Und das Schwein?“ — „Das hab’ ich für eine Kuh gekriegt.“ 
— „Und die Kuh?“ — „Die hab’ ich für ein Pferd bekommen.“ 
— „Und das Pferd?“ — „Dafür hab’ ich einen Klumpen Gold 
gegeben, so gross wie mein Kopf.“ — „Und das Gold?“ — „Ei, 
das war mein Lohn für sieben Jahre Dienst.“ — „Ihr habt Euch 
jederzeit zu helfen gewusst,“ sprach der Schleifer; „könnt Ihr’s 
nun dahin bringen, dass Ihr das Geld in der Tasche springen 
hört, wenn Ihr aufsteht, so habt ihr Euer Glück gemacht.“ —
	        
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