Full text: Grundriß der Geographie für höhere Lehranstalten

20 
Senkrechte, schiefe und parallele Sphäre. 
hinabsinkt und der Südpunkt über den Südpol emporsteigt, um wie 
viele Grade wir uns von dem Äquator auf der Erde nach dt. entfernen. 
Für diese Örter ist also die Polhöhe — 23’- °, die Zenith-Distanz des 
Äquators ebenfalls — 23|°, die Äquatorhöhe aber — 66^ °; der Äquator 
und alle Parallelkreise,, schneiden demnach den Horizont in einem Winkel 
von 661-0; nur dn Äquator wird dabei halbirt. Der Himmel hat also 
eine schiefe Lage zum Horizonte, und diese Lage nennt man die sphaera 
obliqua oder die schiefe Sphäre. Aus dieser Lage des Himmels erklären 
sich die Erscheinungen, welche bei der scheinbaren Bewegung der Sonne 
und der Sterne hervortreten. Die Sonne muß nämlich am 21. März 
23|-° südlich vom Zenith, d. h. in einer Höhe von 66f0 kulminiren, 
Tag und Nacht müssen gleich lang sein. Am 21. Juni muß sie im nörv- 
lichen Wendekreise das Zenith erreichen, also senkrecht herabscheinen und die 
Bewohner des nördlichen Wendekreises unschattig machen, während an den 
übrigen Tagen der Schatten nach N. fällt; für dieselben muß der längste 
Tag 13^ Std., die kürzeste Nacht 10| Std. dauern. Der 23. Sept. muß 
dieselben Erscheinungen darbieten, wie der 21. März, während am 21. 
Dezbr. die Sonne in einer Höhe von 66^-° — 234° — 43° kulminiren, 
der kürzeste Tag 10f, die längste Nacht 13-| Std. dauern muß. Ein 
Theil der am südlichen Himmel glänzenden Sterne, nämlich alle, welche 
vom südlichen Polarkreise abgeschlossen sind, bleiben dem Bewohner des 
nördlichen Wendekreises verborgen, während ihm die vom nördlichen Polar¬ 
kreise umschlossenen Sterne Circumpolarsterne sind. 
Sehr ähnlich sind die Erscheinungen für den Bewohner des südlichen 
Wendekreises, nur hat nicht der Nordpol, sondern der Südpol eine Höhe 
von 23£°; auch sind die Tagbogen nach N., die Schatten des Mittags 
nach S. gerichtet; der längste Tag fällt auf den 21. Dezbr., der Anfang 
des Frühlings tritt am 23. Septbr. ein; die Jahreszeiten sind denen auf 
dem nördlichen Wendekreise entgegengesetzt. 
Für diejenigen Örter, welche aus dem nördlichen Polarkreise, also 
66^o nördlich vom Äquator liegen, bildet der wahre Horizont mit der 
Himmelsachse einen Winkel von 66^0; die Äquatorhöhe beträgt demnach 
23^o, Die Polhöhe und die Zenith-Distanz des Äquators dagegen 66| °. 
Der Äquator, der allein von dem Horizonte halbirt wird, bildet daher mit 
diesem einen Winkel von 23-^°, ebenso alle Parallelkreise. Die Tages¬ 
längen nehmen daher bis zum 21. Juni schnell zu; der Tag dauert am 
21. Juni 24 Stunden, da der nördliche Wendekreis ganz über dem Ho¬ 
rizonte liegt. Dann nehmen allmählich die Tageslängen wieder ab, bis am 
21. Dezbr. die längste Nacht mit einer Dauer von 24 Stunden stattfindet. 
Der Anblick der Sterne, welche am südlichen Himmel zwischen dem Süd¬ 
pole und dem südlichen Wendekreise stehen, ist dem Bewohner des nördlichen 
Polarkreises entzogen. 
Vollkommen ähnlich sind die Erscheinungen für den Bewohner des 
südlichen Polarkreises; doch sind die Tagkreise, ebenso wie zu Mittag die 
Schatten nach Norden gerichtet, der Südpol liegt über dem Horizonte, der 
Sommer beginnt am 21. Dezember, der Winter am 21. Juni. 
3. Denken wir uns endlich am Nordpol der Erde stehend, so fällt 
für diesen Punkt der Himmelsnordpol mit dem Zenith, der Äquator genau
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.