398 3. Periode: Zeitalter der Revolution.
Ende Februar kam zu Kalisch der Bundesvertrag mit
Rußland zustande, in welchem der Czar sich verpflichtete, die Waffen
nicht niederzulegen, bis Preußen die Macht, welche es vor dem Kriege
1806 besaß, wieder erlangt habe; er verbürgte seinem Verbündeten
Den Besch Altpreußens, sowie polnischer Landstriche zur Verbindung
Schlesiens mit Westpreußen; er versprach endlich, daß die in Nord-
Deutschland zu erwartenden Eroberungen mit Ausnahme Hannovers zur
Entschädigung Preußens, zur Bildung eines abgerundeten und zu-
sammenhängenden preußischen Staatsgebietes verwendet werden sollten.
Für sich eilte er ungesäumt, das Herzogtum Warschau in Besitz zu
nehmen, und schwächte dadurch seine gegen Napoleon verfügbaren Streit-
kräste. In dieser Beziehung leistete Preußen durch den unVergleich-
lichen Opfermut der Nation lange Zeit weit mehr als Rußland, weit
mehr, als der Kalischer Vertrag ihm auferlegte; es hatte aber den
Nachteil, daß seine öffentliche Geltung im Kriegsbunde auch weiter-
hin und die von England später gezahlten Subsidien nur nach der
germgem Heerziffer bemessen wurden, mit der die preußische Armee
in jenem Vertrage erschien. Anfangs März trat das preußisch-russische
Kriegsbündnis endlich in Kraft, York wurde von aller Schuld steige-
sprachen, die Franzosen räumten Berlin; Wittgenstein mit den
Russen und York, hochbejubelt von den Massen, zogen ein. Die
vorausschwärmeuden wildfremden Kosaken mit ihren Lanzen und die
Baschkire mit Bogen und Pfeil wurden als Befreier mit offnen Armen
empfangen, die glückselige Jugend ließ sich von den bärtigen Kosaken,
Den Kmderfreunden, herzen und küssen, wenn auch nicht ohne bedenk-
liche Folgen für ihre Reinlichkeit. Der russische General Tettenborn
besetzte mit seinen leichten Truppen, nachdem er Mecklenburg für die
Koalition gewonnen, Hamburg, wo das freudetrunkene Volk die
französischen Adler abriß, und einige Wochen wiegte man sich in dem
frohen Glauben, die Lande bis zur Elbe wären ohne Schwertstreich
befreit. .
Des Königs Ruf, die Volkserhebung in Preußen, Landwehr und Landsturm.
§ 153. „Um der herzerhebenden allgemeinen Äußerung treuer
Vaterlandsliebe ein äußeres Kennzeichen zu geben," ordnete Friedrich
Wilhelm das Tragen der schwarzweißen Nationalkokarde an und
1813 aI§ Heldenlohn der eisernen Zeit am Todestage der verewigten
-KS. März Königin das eiserne Kreuz. Am 16. März erfolgte die Kriegs-
erkläruug, am 17. unterzeichnete der König das Landwehrgesetz und
^7. März den vom Staatsrat von Hippel verfaßten „Aufruf an mein Volk",
in dem der König seine getreuen Brandenburger, Schlesier, Preußen,
Litthauer und Pommern mit vertrauensvoller Herzlichkeit zum heiligen
Kriege aufrief, „denn keinen andern Ausweg giebt es, als einen ehren-
vollen Frieden, oder ruhmvollen Untergang — weil ehrlos der Preuße
und der Deutsche nicht zu leben vermag." Und nun stand das
Volk auf, waffengewaltig, nun brach der Sturm los und zerriß die