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Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland.
setzte. Als er — gewiß mit bittern Gefühlen — seinen lang¬
jährigen Feind erblickte, warf er den kaiserlichen Mantel ab und
beugte das Knie vor ihm. Aber der Papst hob ihn ans und gab
ihm den Friedenskuß, wobei ihm vor Rührung über die feierliche
Zusammenkunft die Thränen in die Augen traten. Nach been¬
digtem Gottesdienste hielt ihm Friedrich nicht nur den Steigbü¬
gel, sondern wollte ihm sogar das Pferd über den Marcusplatz
führen; aber Alexander verbot es. Dies geschah 1177, gerade
100 Jahre nach der Zusammenkunft Heinrichs IV. und Gre¬
gors VII. in Canossa. Mit den Lombarden wurde zwar nur ein
Waffenstillstand geschlossen, der aber nach sechs Jahren in einen
Frieden verwandelt wurde. Durch denselben erkannten sie zwar
des Kaisers Obergewalt an; dieser räumte ihnen dagegen die so
hartnäckig bestrittenen Vorrechte ein. Hätten das beide Theile
nicht bald thun und so vieles vergossene Menschenblut ersparen
können? — Bei dieser Gelegenheit vertrug er sich auch mit dem
Könige von Neapel, Wilhelni dem Guten, der ein Bundes¬
genosse der Lombarden gewesen war und sich bereden ließ, seine
einstige Erbin, die Schwester seines Vaters, die 32jährige Con¬
stantia, an Friedrichs ältesten Sohn, den 21jährigen Heinrich,
zu vermählen. Friedrich erblickte in dieser Verbindung ein gro¬
ßes Glück, weil dadurch Neapel und Sicilien an sein Haus kam;
und doch ist dies nachher die Ursache des Unterganges seines
Hauses geworden. So frohlocken wir oft über Ereignisse, die
uns zum Unglücke gereichen!
Durch die Versöhnung mit der Kirche beruhigt, aber mit
dem bittern Schmerze, das Ziel seines Lebens, die Behauptung
seines Ansehens in Italien, verloren zu haben, kehrte Friedrich
nach Deutschland zurück und dachte sogleich an die Bestrafung
des treulosen Guelfen. Er beschied ihn vier Mal, vor ihm aus
denl Reichstage zu erscheinen, aber Heinrich kam nicht und ver¬
traute seiner großen Macht. Da sprachen der Kaiser und die
Fürsten die Reichsacht über ihn aus und entsetzten ihn alter sei¬
ner Würden und Lehen. Noch ein vierter Termin aus einem
Reichstage in Würzburg wurde ihm gesetzt; als er aber auch jetzt
nicht erschien, wurde die Reichsacht wirklich an ihm vollzogen.
Sachsen wurde an mehrere umwohnende Fürsten vertheilt,
Baiern aber demPsalzgrafen Otto von Wittelsbach demAel-
tern verliehen. Noch immer trotzte der muthige Heinrich; aber
die meisten seiner Vasallen verließen ihn und gingen zum Kaiser