Kampf um Neapel und Sicilien.
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Schweiz hatte um die Unterhandlung zwischen Frankreich und
Sardiniell zeitig gewußt, sich aber durch das Versprechen ködern
lassen, daß ihm die erwähnten Gebiete abgetreten werden wür¬
den; als aber der Vertrag wirklich zu Stande gekommen war,
wollte Napoleon von dem gegebenen Versprechen nichts wissen
und überließ es der Schweiz — zu protestiren.
Leider vermochte selbst die Dringlichkeit dieses Falles nicht,
die europäischen Mächte aus ihrer Lethargie zu wecken, um so
weniger als England in halber Mitschuld bei dem Vorgänge
war und Rüssel als betrogener Betrüger die Hand zum Spiele,
geboten, Palmerston aber dafür gesorgt hatte, England durch einen
Handelsvertrag mit Frankreich noch fester an dessen Interesse zu
knüpfen. — Gleichwohl aber intriguirte Palmerston in Italien
gegen Napoleon, indem er Mazzini und Garibaldi anstachelte,
die Revolution nunmehr auch nach Unteritalien zu verpflanzen.
151. Der Kampf um Neapel und Sicilien.
Zum Unglück für die bourbonische Dynastie in Neapel ver¬
schied dessen energischer König Ferdinand II. in dem Augenblicke,
als Oestreich und Italien unterlegen war. Ihm folgte sein
Sohn Franz II., dessen geistige Kräfte nicht ausreichten, um
den auf ihn hereinbrechenden Stürmen obzusiegen, um so weniger,
als er mit Verräthern in seiner Familie wie in seiner nächsten
amtlichen Umgebung zu kämpfen hatte. Die erste unkluge Ma߬
regel war die Entlassung der Schweizer Truppen; denn bei der
Unzuverlässigkeit der einheimischen Truppen brach er damit die
festeste Stütze seines Thrones entzwei.
In Sicilien hatte die revolutionaire Partei den ersten
Aufruhr versucht (4. April 1860); derselbe ward aber unterdrückt
und nun setzte Garibaldi seine unter den Augen der sardini-
schen Regierung verbreitete Expedition ins Werk. In der Nacht
vom 5. zum 6. Mai segelte er auf sardinischen Schiffen unter
englischer Flagge, mit sardinischen Kanonen und 2.100 Alpen¬
jägern nach Sicilien und landete am 11. an der Westküste der
Insel bei Marsala unter dem Schutz zweier englischer Cor-
vetten, welche die Ausschiffung deckten. Die neapolitanische Flotte,
deren Befehlshaber längst durch Geld gewonnen war, legte ihm kein.
ernstliches Hinderniß in den Weg, und General Lanza, welchen
der König von Neapel mit unbedingter Vollmacht versehen hatte,
war seiner .Aufgabe nicht gewachsen. Am 27. bestürmte Gari-