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Für jedes Wäschestück kommt einmal der Augenblick, wo es
als solches nicht mehr brauchbar erscheint. Eine gute Hausfrau
erachtet es aber auch dann noch nicht als wertlos, sondern sie
zaubert aus ihm noch manch nützlichen, ja unentbehrlichen Gegen¬
stand hervor. Altes Leinen, alter Drell oder Damast geben
die weichsten Binden. Reste von Varchentjacken und -unterröcken
dienen als Unterlagen in Wiege und Steckkissen: größere Stücke
Wirkware lassen sich noch zu Röckchen und Jäckchen der Kleinen
verarbeiten. Tischtücher oder Servietten geben Tassen-, Gläser-,
auch wohl Küchenhandtücher. Grobe Handtücher eignen sich zur
Herstellung von Waschlüppchen. Eardinenteile werden zum
Überdecken der Wiege, des Wagens oder Bettchens benutzt, um
von dem schlummernden Liebling die lästigen Fliegen abzu¬
halten usf.
Nach „Das Buch der Wäsche."
89. Vom Waschen der Wäsche.
Das Waschen bezweckt die Entfernung des Schmutzes.
Dieses Ziel kann auf zweifache Art erreicht werden: entweder
dadurch, daß man den Schmutz unter Anwendung mechanischer
Kraft auflockert und durch das Wasser fortspült, oder dadurch,
daß man ihn löst, um ihn dann fortzuspülen. Die erste Methode,
die der Gewalt, war die ursprüngliche und blieb die herrschende,
bis Nachdenken und Überlegung die Hausfrauen einsehen ließ,
daß sanfte Mittel dem rohen Reiben vorzuziehen seien, daß
lösende — nicht beizende! — Substanzen die Stoffasern weit
weniger angreifen, als die verschiedenen Arten der Reibung.
Eine weise Vereinigung beider Methoden. d. i. 1. Lösen der
Schmutzteile und 2. Entfernen derselben durch Kochen. Schütteln,
leichtes Reiben und Spülen ergibt eine vernünftige Wäsche,
wie sie heutzutage allgemein üblich ist.
Vor dem Waschen wird die Wäsche sortiert; feinere
Stücke werden von den gröbern, schmutzige von den weniger
schmutzigen, weiße von den bunten gesondert. Bei dem Sortieren
untersuche man gleichzeitig jedes einzelne Stück auf das Vor¬
handensein von Näh- oder Stecknadeln, die beim Ausbessern zu¬
rückgeblieben sind. Vor dem Waschen werden die Zeuge oft
eingeweicht, indem man sie zwölf Stunden lang in war¬
mem. aber nicht kochendem sodahaltigen Wasser stehen läßt. Das
Wasser muß die Wäsche mindestens 5 cm hoch bedecken.
Bunte Sachen werden nicht in Lauge eingeweicht, sondern so¬
gleich mit Seife gewaschen. Sind die Farben recht zart, so
nehme man zum Reinigen nicht kochendes, sondern nur warmes
Wasser. Wollene Zeuge werden mit Seife oder, wenn sie sehr-
schmutzig sind, mit stark verdünntem Salmiakgeist eingeweicht. Das
eigentliche Waschen wird in den einzelnen Gegenden ver¬
schieden ausgeführt. Feinere Stücke werden am besten mit der