I. Der Bauernstand sonst und jetzt.
denn wer viel in den Bergen herumsteigt und viel auf die Berge
kraxelt, dem zieht die Sonne Stoppeln aus dem Gesichte, wie sie
Wasser zieht aus Fluß und See.
Richtig traf er auch einen, dessen Schild glänzte gar wunderbar
in der spielenden Sonne; in dessen Schaufenster stand ein feiner
Wachsherr mit Schnurrbartspitzen, und ob dessen Glastüre stand mit
goldigen Buchstaben, dick wie Knüppel: Frisier-Salon.
Also trat der gute Bauer ein, setzte sich in den nächstbesterl
Stuhl und wies sein Stoppelfeld, wie's alle machen, die mit geringer
Mühe zu einer glatten Haut kommen wollen.
Da kam er aber schön an.
Der Herr „Friseur" zwinkerte gar verächtlich mit den Augen¬
lidern, schnäppelte seine Schere blitzgeschwind auf und zu, warf sich
in die Brust und sagte durch die Nase, wie er's bei etlichen Franzosen
gehört hatte:
„Hier ist ein Rasier-Salon, hier werden keine Bauern bedient."
Nun wäre ein anderer Bauer wohl „schiech" worden, wie's bei
den Tirolern üblich sein soll, und hätte sich, eines guten Anfangs
halber, in die Hände gespuckt.
Das tat aber der Bauer, von welchem ich erzähle, nicht, sondern
. er hob sich duldsam und friedfertig vom Sitze, nahm sein Filzhütlein
mit dem grünen Bande vom Tische, schwenkte es ein wenig und sagte
ganz artig:
„Danke schön für die Aufklärung; jollt' aber mein Adjutant
kommen und nach mir fragen, so seid so gut und sagt ihm, sein Herr,
der Erzherzog Johann, sei beim Bartputzer auf der andern Seite
drüben!"
Jetzt konnte der vornehme „Friseur" ein langes Gesicht machen.
I. Wichner.
6. Der Landwirt.
Glücklich ist der Fuß, welcher über weite Flächen des eigenen
Grundes schreitet; glücklich das Haupt, welches die Kraft der grünenden
Natur einem verständigen Willen zu unterwerfen weiß! Alles, was
den Menschen stark, gesund und gut macht, das ist dem Landwirt zu¬
teil geworden. Sein Leben ist ein unaufhörlicher Kampf, ein endloser
Sieg. Ihm stählt die reine Gottesluft die Muskeln des Leibes; ihm
zwingt die uralte Ordnung der Natur auch die Gedanken zu geordnetem
Lauf. Er ist der Priester, welcher Beständigkeit, Zucht und Sitte,
die ersten Tugenden eines Volkes, zu hüten hat. Wenn andere Arten
nützlicher Tätigkeit veralten, die seine ist so ewig wie das Leben der
Erde; wenn andere Arbeit den Menschen in enge Mauern einschließt,
in die Tiefe der Erde oder zwischen die Holzplanken des Schiffes,
sein Blick hat nur zwei Grenzen: oben den blauen Himmel und unten
den festen Grund. Ihm wird die höchste Freude des Schaffens; denn
was sein Befehl von der Natur fordert, Pflanze und Tier, das wächst
unter seiner Hand zu eigenem, frohen Leben auf. Auch dem Städter
ist die grüne Saat und die goldige Halmfrucht des Feldes, das Rind