VIII. Der Garten und seine Pflanzen, der Weinberg und seine Reben. 219
uns, wie z. B. in England, da gelangt die Traube nicht zur Reife.
Die für den Weinbau geeignetsten Lagen finden wir zwischen dem
25. und 40. Grad nördlicher Breite; nur unter ganz besonders
günstigen Verhältnissen kann die Rebe auch bis zum 52. Grade auf
unserer nördlichen Halbkugel (Sachsen und Schlesien) angebaut werden.
Die Heinrat des Weinstocks kennt man nicht; aber schon in uralten
Zeiten weiß die Sage vom Genuß des Rebensaftes, des Sorgen-
brechers, der des Menschen Herz erfreut, zu berichten.
Die Art, wie die Rebe gezogen wird, ist in den verschiedenen
Gegenden sehr verschieden. Während in Italien unter besseren klima¬
tischen Verhältnissen die Reben in der Ebene an Bäumen und hohen
Gerüsten gezogen werden, und unter denselben das Land noch zu
Feldbau ausgenützt wird, sind wir in Deutschland genötigt, sonnige,
nach Süden gelegene Abhänge, welche vor rauhen Winden geschützt
sind, zum Anbau der Weinrebe auszuwählen. Die Gesamtfläche der
in Deutschland mit Reben bebauten Grundstücke beträgt zurzeit etwa
135000 ha. Den ausgedehntesten Weinbau besitzt Elsaß-Lothringen
mit 32000 ha; dann folgt Bayern mit 23500 (Rheinpfalz allein
13400); Württemberg 23400; Baden 21600; Preußen 20300;
Hessen 12400; Sachsen 1000; der Rest entfällt auf die Kleinstaaten.
Je nach Klima, Lage und Bodenverhältnissen der Weinbau treibenden
Gegenden ist die Qualität der Weine eine sehr verschiedene. Die
besten Weine werden erzeugt: am nnttleren Rhein, an der Mosel und
Saar, an der Bergstraße, am Hardtgebirge (Pfalz), in: Maintal und
in den Tälern der südlichen und westlichen Abdachung des Schwarz¬
walds (Baden). In Württemberg finden wir im Neckartal, Remstal,
Enztal, Kocher-, Jagst- und Taubertal, auch im Zabergäu recht gute
Weinbergslagen.
Der Weinstock erfordert eine sorgfältigere Pflege als alle
anderen landwirtschaftlichen Kulturgewächse. Da er die Eigenschaft
hat, mit seinen Wurzeln sehr tief in den Boden einzudringen und
aus den tiefsten Schichten desselben seine Nahrung zu holen, so muß
überall da, wo Weinbau getrieben werden soll, der Boden „rigolt",
d. h. tief umgearbeitet werden. Während des Jahres muß er von
Unkraut rein gehalten und öfters gelockert werden, damit die Wärme
gut eindringen kann. Eine von Zeit zu Zeit stattfindende Düngung
lohnt der Weinstock durch reichliche und regelmäßige Erträge. Der
biegsame Rebstock sowohl als auch die schlanken Zweige desselben
müssen an feste Stützen, arr Pfähle, Rebstecken, Rahmen- oder Draht¬
gestelle festgebunden werden. Da die Rebe in unseren Böden ein sehr
starkes Holzwachstum entwickelt, so wird sie im Frühjahr vor Beginn
der Vegetation zurückgeschnitten. Dieses Beschneiden wird übrigens
nicht überall in gleicher Art ausgeführt. Die Rebe hat deshalb an
verschiedenen/ oft sogar benachbarten Orten ein sehr verschiedenes
Aussehen. Die Art des Schnittes richtet sich im allgemeinen nach
den klimatischen und Bodenverhältnissen des Weinberges, nach der an¬
gepflanzten Rebsorte sowie danach, ob man es mehr auf die Menge
oder Güte des Weines abgesehen hat. Die aus den Augen des Reb¬