12 I- Der Bauernstand sonst und jetzt.
6. Doch sprecht, was ward denn ans dem Stahl, dem Schlosse und
dem Krieger?
Was ward denn aus dem stillen Tal und ans dem schwachen Pflüger?
7. O, fragt nicht nach der Sage Ziel! Euch künden's rings die Gauen:
Der Berg ist wüst, das Schloß zerfiel, das Schwert ist längst zerhauen.
8. Doch liegt das Tal voll Herrlichkeit im dichten Sonnenschimmer;
da wächst und reift es weit und breit; man ehrt den Pflug noch immer.
W. Müller.
9. Der glückliche Bauer.
1. Der Bauer leb', er lebe hoch!
Ihr seht es mir nicht an:
Ich habe nichts und bin doch wohl
ein großer, reicher Mann.
2. Früh Morgens, wenn der Tau
noch füllt,
geh' ich, vergnügt im Sinn,
gleich mit dem Nebel 'naus ins Feld
und pflüge durch ihn hin.
Z. Und sehe, wie es wogt und zieht
rund um mich nah und fern,
und fing' dazu mein Morgenlied
und denk' an Gott den Herrn.
4. Die Krähen warten schon auf
mich
und folgen mir getreu,
und alle Vögel regen sich
und tun den ersten Schrei.
5. Indessen steigt die Sonn' herauf
und scheinet hell daher.
Ist so was auch für Geld zu Kauf,
und hat der König mehr?
6. Und wenn die junge Saat aufgeht,
wenn sie nun Ähren schießt,
wenn so ein Feld in Garben steht,
wenn Gras gemähet ist: —
7. O, wer das nicht gesehen hat,
der hat des nicht Verstand.
Man trifft Gott gleichsam auf der
Tat
mit Segen in der Hand,
8. Und sieht's vor Augen, wie er
frisch
die volle Hand ausstreckt,
und wie er seinen großen Tisch
für alle Wesen deckt.
9. Er deckt ihn freilich, er allein;
doch hilft der Mensch und soll
arbeiten und nicht müßig sein, —
und das bekommt ihm wohl.
10. Denn nach dem Sprichwort:
„Müßiggang
ist ein beschwerlich Ding
und schier des Teufels Ruhebank
für vornehm und gering."
11. Mir macht der Böse keine Not;
ich dresch' ihn schief und krumm
nnb pflüg' und hau' und grab' ihn tot
und mäh' ihn um und um.
12. Und täglich fang' ich fröhlich an
für Frau und Kind; für sie,
solang ich mich noch rühren kann,
verdrießt mich keine Müh'.
13. Ich habe viel, das mein gehört,
viel Gutes hin und her. —
Der liebe Gott hat mir's beschert
und gibt mir wohl noch mehr.
Math. Claudius.