Full text: Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen

I. Der Bauernstand sonst und jetzt. 
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Schon um das Jahr 600 ::. Chr. war die Dreifelder¬ 
wirtschaft vollstättdig ausgebildet. Das gepflügte Land eines Dorfes 
war in drei Teile geteilt: in Winterfeld, Sommerfeld und Brachfeld. 
Jeder dieser Teile wurde in soviel viereckige kleinere Stücke oder 
Streifen geschnitten, wie besitzende Insassen im Dorfe waren. Jeder 
Besitzer hatte also ursprünglich drei Ackerstücke, in jedem Teile einen. 
Jeder Besitzer war auch genötigt, auf einem Stück dieselbe Saat zu 
bringet: wie der Nachbar; denn nach der Ernte wurden die Äcker als 
gemeinsame Viehweide benutzt. Diese Stücken mußten wieder geteilt 
werden, wie die Nachkommenschaft sich vermehrte. Bei einigen Stämmen 
erbten die Söhne zu gleichen Teilen, bei andern nur der älteste und 
der jüngste Sohn zu gleichen Teilen, bei noch andern erhielt der älteste 
Sohn das ganze Erbe. Die erblosen Söhne gingen wohl, zu Wander¬ 
zügen vereint, in die Fremde. Bei der Einteilung der Felder eines 
Dorfes und bei der Abgrenzung verschiedener Dörfer gegen einander 
gab es oft blutige Kämpfe. Erbte ein Sohn den ganzen Besitz der 
Familie, so war er verpflichtet, seine Geschwister, die nicht wehrhaft 
wäret: oder es nicht sein wollten, gegen gewisse Dienstleistungen zu 
erhalten. 
Mit dem Völkersturm von Ostei: kam durch die Hunnen (375) 
zu den Deutschen der Roggei:, der von nun an das Mehl zum 
deutschen Schwarzbrote gab. Die nach der Schweiz vordringei:den 
Stämme fanden dort den Dinkel weizen oder Spelt, der noch jetzt 
in Süddeutschland angebaut wird, während die das heutige Frai:kreich 
besiedelnden Franken dort den Weizen kennen lernten. Am Rhein 
hatten die Römer den Weinstock verbreitet. Aus Italien hatte man 
edle Obstsorten eingeführt, und auch in unsern: Lande fing die 
Obstbaumzucht sich zu entwickeln an. Man lernte die Kunst des 
Pfropfens, und allmählich entstanden neben den einzelnen Gehöften 
umfriedigte Gartenanlagen; aber auch einzeln stehende Obstbäume 
waren zu finden, und der Frevel an Obstbäumen wurde strenge be¬ 
straft. In den Berichten aus jener Zeit werden neben den ursprünglich 
vorhandenen Kulturpflanzen schon Rüben, Bohnen, Erbsen und Linsen 
erwähnt. Der Ertrag der Äcker wurde da und dort durch Düngen 
und Mergeln erhöht. 
Noch waren die Wälder so groß, daß jeder nach Bedarf Brenn¬ 
holz und Reisig holen durfte, aber Bauholz durfte nicht mehr beliebig 
genommen werden. Als Ackergerät wird jetzt schon häufig der eiserne 
Pflug erwähnt, ebenso der Räderpflug und die Walze. Sicheln, 
Sensen, Hacke::, Äxte, Schaufeln und Dreschflegel waren in: Gebrauch. 
Gegen früher hatte der Bauernhof bessere Gestalt gewonnen. 
Es sind besondere Viehställe neben dem Wohnhause vorhanden. Das 
Rind steht in weiten Bezirken in höherem Ansehen als das Pferd, 
denn es ist nicht nur Zugtier, sondern es liefert auch Milch, woraus 
schon in ältesten Zeiten Butter und Käse bereitet wurden. Auch für 
das Getreideland in diesem Zeitabschnitt bereits besondere Räume vor¬ 
handen, die Feime, Fimmen, Diemen oder Scheuern genannt werden. 
Neben den Handmühlen sind seit dem 4. Jahrhundert auch Wasser¬
	        
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