330 H- Die Gemeinde und ihre Pflichten, die Genossenschaft und ihr Segen.
ger hat sich sogar das Geld, welches er zuletzt für die Lotterie be¬
durfte, von uns — erbetteln müssen, damit ihm das Glück zuteil wurde;
ist das auch ein Gedanke, der einem ehrlichen Menschen Freude
machen kann?"
„Essig auf Zucker!" bemerkte der Prezl nur kurz.
„Nun hört aber noch, was ich weiter meine . . . Bei ehrlich
verdientem Gelde ist Segen, es hält uns stand und mehrt sich wie von
selber; am Schwindelglück aber haftet die Versuchung wie der Schatten
am Licht — und der Mellinger wäre nicht der erste, der seine fünf¬
hundert Gulden Lotteriegeld wieder verluderte, — wie gewonnen, so
zerronnen!"
An dieses Wort erinnerten sich nach Jahr und Tag gar viele
Leute im Ort; denn der Mellinger vertrank und verspielte wirklich
nicht nur seinen leicht erworbenen Schatz in kurzem, sondern unter¬
grub auch noch das bißchen Gesundheit seines Alters, so daß er,
sterbend auf einer Schütte Stroh, arm und schmerzlich ein trauriges
Ende nahm . . . Dieses geschah an demselben Tage, an welchem
Dammbecks Knecht, der seinem Hose dreißig Jahre redlich gedient,
von seiner Ersparnis Häuschen und Garten kaufte, um jetzt als eigener
Herr ein bescheidenes, aber fröhliches Dasein zu führen! . . .
Josef Rank.
208. Christliche Wohlfahrtseinrichtungen.
Auf einem Wagen fuhr ich einem fernen Dorfe in Amtsgeschäften
zu. Mit meinem Fuhrmanne knüpfte ich ein Gespräch an; ich fragte
ihn nach seinen Kindern. Er wußte allerlei Günstiges zu berichten,
nur mit seinem Ältesten war er nicht zufrieden.
„Der bringt's im ganzen Leben zu nichts!" rief er ärgerlich.
„Warum denn nicht?" fragte ich. „Ist er leichtsinnig oder
schlecht?"
„Das nicht!" rief der Vater. „Eher zu gut! Er läßt sich die
Butter vom Brote nehmen, hilft anderen und vergißt sich selbst!"
„So danken Sie doch Gotl für ein solches Kind!" rief ich aus.
„Wer sich vergißt und anderen hilft, ist der beste Christ und glücklichste
Mensch!"
„Das ist aber dumm und paßt nicht in unsere Zeit!" erwiderte
mein Fuhrmann verdrießlich. „Jeder denkt an sich und sucht seinen
Vorteil, so will's heute die Welt!"
„Das sei Gott geklagt!" fuhr ich fort. „Die Selbstsucht ist
der Fluch unserer Zeit. Sie hetzt die Menschen rastlos umher und
hetzt sie zusammen wie wilde Tiere. Die Liebe zu Gott und den
Brüdern aber ist die heilige, heimliche Macht, die die Welt im Inner¬
sten zusammenhält und den Fluch in Segen wandelt. Sie geht leise wie
ein stiller Engel durch die zerrissene Menschheit, heilt alle Wunden und
lindert alles Elend."
„Man merkt aber wenig davon!" meinte mein Mann.
„Wenig?" fragte ich. „Sehen Sie sich nur recht um! Sie bs^