436 XIV. Weite Welt und Wanderung ins Weite.
und in großen Windungen an steilen Feldwänden emporklettern. Die
Kehrtunnels sind klemere Tunnels, die in die Talwand eindringen,
innerhalb des Berges im Krerse herum stark aufsteigen und hoch oben
über dem Mundloche des Tunnels wieder ans Tageslicht treten.
Während auf dem fönst so belebten Passe mit seinem weltberühmten
Herbergskloster der Wanderer in Licht unb Lust der Gletscherwelt tief
aufatmet, sausen 860 ra tief unter seinen Füßen Etsenbahnzüge, von
künstlichen Luftströmen begleitet und von elektrischem Lichte erleuchtet,
an den Nischen vorüber, worin die einsamen Bahnwärter Hausen, durch
den Riefenberg, der sein Gestein vor der Gewalt der Bohrmaschine
und des Dynamits öffnen mußte.
Schon diese europäischen Bahnen erweisen sich als höchst wichtige
Abkürzer und Beförderer des Weltverkehrs; doch hat dieser noch mehr
durch die großen Eisenbahnen Nordamerikas gewonnen. Seitdem die
letzte Schiene der Pacificbahn mit goldenem Nagel auf einer
Schwelle von Cederuholz befestigt wurde, stnd Ost und West ganz nahe
gerückt worden. Diese Pacificbahn, die über achtundvierzig Längen¬
grade reicht, ist em Band, das den Ailantffchen Ozean mit dem stillen
Weltmeer verknüpft, ein Werk, das in Bezug auf Bedeutung für den
Weltverkehr höchstens im Suezkanal und in dem geplanten und
auch bereits in Angriff genommenen Panamakanal seinesgleichen
stndet. Auf diesem über 500 Meilen langen Eisenringe von New-Iork
bis St. Franzisco durcheilt die Lokomotive einen Weg, der länger ist
als der von New-Aork nach England, in sechs bis sieben Tagen. Der
menschenbeschwerie Tampfzug durchrast die endlos scheinenden Prairien,
wo ehemals der Büffel hauste, die dichten Urwälder, in denen der
Indianer jagte, übersteigt Höhen von 2500 m, wo die Lawinen her¬
niederdonnern und meilenlange Schneedächer zum Schutze errichtet worden
sind, übeifltegt auf kühnen, turmhohen Brücken reißende Ströme und
unzugängliche Abgründe. Die Stationen wachsen mit Riesenschritten zu
großen Städten empor, und das Land rechts und links verwandelt sich
wie durch Zauber in fruchttragende Felder.
Immer mehr tritt die Bedeutung dieser Bahn für den Welthandel
hervor. China, Japan, Indien und Australien mit ihren reichen
Hilfsquellen sind in einem großartigen Aufschwünge begriffen. Ihr
Handel mit Tee und Seide nimmt schon jetzt teilweise den Weg über
die Paclficbahn. Die Dampferfahrten China Japan über St. Franzisco
mehren sich beständig. Reisende nehmen nun lieber den Westweg nach
Ostasien als den Weg über Suez; denn der erstere hält sich in milden
Erdstrichen, während der letztere durch die heißesten Gegenden der Erde
führt. Da die deutschen Postdampfer die Fahrt über den Atlantischen
Ozean in der Regel in 10 bis 12 Tagen vollbringen, so können wir
jetzt schon in 16 bis 18 Tagen an der Küste des Stillen Ozeans sein,
nachdem wir ein Weltmeer und einen Weltteil durcheilt haben. Nehmen
wir von St. Franzisco aus die Dampserlinie über Aokohama in Japan,
Hongkong in China, Indien, Aden, Suez, so können wir recht gut in
80 Tagen rund um die Erde reisen.
So muß sich denn der alte Erdball gefallen lassen, daß die