von denen, die nach ihm gekommen sind, hat sie andächtiger belauscht,
sinniger gedeutet als Rückert. Und besonders die stille, leidenlose Pflan¬
zenwelt ist ihm so vertraut, daß ihm Bilder und Gleichnisse aus ihr
zahllos entgegensprießen, Gleichnisse, deren Sinn er doch öfters selbst
ausspricht, deutet, wenigstens andeutet, seltener ahnen und erraten läßt.
In seinem reichen Empfindungsleben und in der Welt von Bildern, die
ihm, dies Leben auszudrücken, zu Gebote steht, liegt seine Bedeutung
als Dichter.
Dichter ist er zumal auch, wenn er überseht. Vielmehr, er übersetzt
nicht, er dichtet, er schafft frei nach. Immer darauf bedacht, den Geist
des Originals zu übertragen, in seine Schöpfung hinüberzutragen, wie
Herder und Goethe, deren Werk fortzusetzen und im Sinne einer Welt¬
literatur zu erweitern, er berufen war, wie kein anderer. Denn er
beherrschte, mit alleiniger Ausnahme etwa des Chinesischen, die Sprachen
völlig, aus denen er übertrug. Seine großen Vorgänger waren oft
auf vermittelnde Übersetzungen angewiesen und verließen sich auf ihr
Sprachgefühl. Wenn sie frei übertrugen, so machten sie je zuweilen aus
der Not eine Tugend. Rückert aber machte, wenn ich so sagen darf, aus
seinem Reichtum eine Tugend, indem er ihn ganz der schaffenden Dichter¬
kraft in den Dienst gab.
Diese Kraft, so lebendig, reich und ausgiebig, ist doch nicht eigent¬
lich Dichterenergie; zu den großen Schöpfungen des Dramatikers reicht
sie nicht aus. Rückerts Phantasie ist nicht die Titanin, die er uns schildert:
Phantasie, das ungeheure Riesenweib,
Satz zu Berg,
nicht die Riesin, die sich halben Leibes zum Himmel hebt, einen Stern
faßt und ihn schwingt, daß er Funken stiebt; die mit Donnersturm den
Mund auftut — sondern sie ähnelt mehr jener zarten Unsterblichen, von
welcher Goethe singt, daß sie „rosenbekränzt, mit dem Lilienstengel Blu¬
mentäler betritt, Sommervögeln gebietet und leicht nährenden Tau mit
Bienenlippen von Blüten saugt". Aber in diesem ihrem Reiche waltet
sie oft mit unwiderstehlicher Anmut. Und ebenso mit spielender Leichtigkeit
unser Dichter im Reich der Formen. Da ich auch hier es mir ver¬
sage, in die Ferne zu schweifen, und es aufgeben muß, nachzuweisen,
wie Rückert südliche und östliche Kunstformen für unsere Sprache, die
damals kaum zum Sonett biegsam und klangvoll genug schien, errungen
hat — errungen, doch nicht im schweren Ringkampf, sondern wie in
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