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Und kommt ihr nach Karlsruhe, der Hauptstadt des schönen Badener
Landes, so wird man euch erzählen, daß er ungeheure Summen schenkte
zur polytechnischen Schule, zum Pfründnerhaus und zum Waisenhause.
Man hat's ausgerechnet, daß er in allem 300000 Franken und mehr, ja
ganz genau 363400 Franken gestiftet hat! Das war ein edler Mensch.
Als Schneiderlein ist er in die Welt gegangen, blutarm, aber reich am
Herzen. Da hat Gottes Segen Früchte getragen! Der Name Georg Stulz,
wurde uitb wird nicht nur von dankbaren Manschen, sondern von Gottes
Engeln liebend und segnend genannt!
Sein Landesherr, der Großherzog von Baden, der gern das Verdienst
seines Landeskindes ehren wollte, hat seine Brust mit dem Orden des
Zähringer Löwen geschmückt und ihn später mit vielen Ehren in den
Freiherrnstand erhoben.
Am 17. November 1832 starb in Hyores im südlichen Frankreich
der Freiherr Georg Stulz von Ortenberg, wie ihn sein Landesherr be¬
nannte, und an seinem Grabe flössen viele Thränen der Liebe; denn er
starb als Vater der Armen unb Bedrängten. In Kippenheim steht ein
Denkmal; aber das zerfällt mit der Zeit. Größer und schöner ist dagegen
das, welches er sich griindete durch Wohlthätigkeitsanstalten, die fortdauern
zuñí Segen der leidenden Menschen. W. o. v°n H°r->.
60. I>er alte und der junge Morsig.
Zwei Träger dieses Namens sind die Zierden, der Ruhm und der
Stolz der deutschen Eisentechnik, des deutschen Lokomotiven- und Maschinen¬
baues: August Borsig, der Vater, „der alte Borsig", und Albert
Borsig, der Sohn, gewöhnlich der „junge Borsig" genannt.
August Borsig, der Vater, kam im Jahre 1824 als Zimmergeselle
nach Berlin, um sich hier als strebsamer junger Handwerker im Gewerbe-
Institut in der Baukunst auszubilden. Aber nach V/2 Jahren wurde er
aus der Schule ausgewiesen, weil ihm bei seiner einseitigen Vorliebe für
bas Studium der Mechanik das Verständnis für die Chemie fehlte.
Die Eisenindustrie war zu jener Zeit in Berlin in ihren ersten An¬
fangen. Neben der königlichen Eisengießerei, welche 1803 angelegt und
1821 durch die Ausführung des Siegesdenkmals auf dem Kreuzberge ihre
Leistungsfähigkeit bewiesen, hatte Egells in den zwanziger Jahren eine
Maschinenbananstalt und die „neue Berliner Eisengießerei" gegründet.
Sie hatte vollauf zu thun, als Borsig im Herbste 1825 mit gründlichen
Kenntnissen und flammender Begeisterung für den Maschinenbau als
schlichter Maschinenbauer in dieselbe, eintrat. Er erlernte von Grund auf
den praktischen Maschinenbau, arbeitete in der Gießerei, zeichnete viele Ent¬
würfe, wurde Monteur, Werksührer, endlich beim Geschäft beteiligter Leiter.
Um diese Zeit war der Bau von Eisenbahnen für Deutschland eine
Lebensfrage geworden. Die Vorteile, welche England, Belgien, Frankreich
aus ihnen gezogen hatten, drängten Borsig bei seinem Arbeitstriebe, seinem
klaren Verstände, seinen: scharfen Auffassungs- und Beurteilnngsvermögen,
eine eigene Maschinenbauanstalt zu gründen. Schon als einfacher Arbeiter
beschäftigte sich Borsig mit dem Gedanken, einmal sein eigener Herr zu
werden. Als er nun'den Gedanken zur Ausführung bringen wollte, war
er zwar bald über Plan und Anlage der zu gründenden Fabrikwerkstätte
mit sich einig, aber das Beste fehlte ihm — die nötigen Geldmittel. Er