Samariterdienst«.
249
wordenen Verwundeten auf eine Matratze. Nach einer Stunde erschien der
Arzt. Er unterband die durchschnittenen Adern, nähte die getrennten
Sehnen und Fleischteile aneinander und legte einen kunstgerechten Verband
an. Der Samaritaner tat ihm dabei geschickte Handreichung. Die Heilung
erfolgte ohne Eiterung, und dem Verunglückten wurde die Hand erhalten.
Wäre ein geschulter Helfer nicht zur Stelle gewesen, so hätte sich der Ver¬
wundete höchst wahrscheinlich vor dem Eintreffen des Arztes verblutet.
II.
1. Die Gefährlichkeit der Wunden hängt von ihrer Größe und Tiefe
und vor allem von der Wichtigkeit der verletzten inneren Teile ab. Die
Heilung einer Wunde erfolgt rasch und ohne Eiterung durch Verklebung, wenn
die Wundränder genau aneinandergelegt werden können und nicht wieder
durch Blut oder Eiterung auseinandergedrängt werden, und wenn die Wunde
geschützt und nicht verunreinigt wird. Treffen diese Bedingungen nicht zu,
so tritt die langsame Wundheilung mit Eiterung ein. Jede Verunreinigung
ruft selbst in der kleinsten Wunde Eiterung oder gar Fäulnis hervor, und
dann ist den sogenannten Wundkrankheiten, an denen früher so viele Ver¬
wundete oder Operierte starben, Tor und Tür geöffnet. Leistet daher ein
Laie bei Verwundungen die erste Hülfe, so bringe er weder Charpie, noch
Heftpflaster, noch gebrauchte Schwämme, noch schmutzige Leinwand mit der
Wunde in Berührung und fasse sie auch nicht mit schmutzigen Fingern an.
Unrein ist jeder, auch der scheinbar sauberste Finger, wenn er nicht unmittel¬
bar zuvor mit heißem Wasser und Seife gebürstet wurde, wobei besondere
Sorgfalt den Nägelrändern zu widmen ist. Ist die Wunde verunreinigt, so
kann man sie ab waschen und abspülen, aber nur mit reinem, am besten mit
abgekochtem Wasser, weil durch das Kochen die Fäulniserreger zerstört sind.
Sonst setzt man dem Wasser ein sogenanntes fäulniswidriges Mittel, z. B.
Karbolsäurelösung*) oder Bleiwasser, zu. Wenn man dann auf die Wunde
reine, in diese Flüssigkeit getauchte Leinwand oder Watte legt, so kann man
ruhig das Erscheinen des Arztes abwarten. Ist die Wunde nicht gröblich
verunreinigt, so ist es besser, sich alles Spülens und jeder unnötigen Be¬
rührung zu enthalten und nur einen reinen, trockenen Verband anzulegen.
Liegt auf der Wunde eine Schicht geronnenen Blutes, so wische oder spüle
man sie nicht weg, weil man dadurch die Blutung aufs neue hervorrufen kann.
2. Jede Wunde blutet, weil in ihr auch Adern verletzt sind. Nach
Art und Größe der Adern, welche geöffnet wurden, ist die Gefährlichkeit
der Blutung sehr verschieden. Wenn dunkelrotes Blut in gleichmäßigem
Strome aus der Wunde fließt, dann ist eine Blutader geöffnet, welche schon
verbrauchtes Blut mit langsamem Schlage dem Herzen zuführt (s. Fig. 59).
Solch eine Blutung ist durch leichten Druck zu stillen. Wenn aber hell¬
rotes Blut in starkem Strahle und stoßweise (pulsierend) aus der Wunde
hervorspritzt, dann ist eine Pulsader verletzt, durch welche das Blut infolge
*) Karbolsäure wird aus dem Steinkohlenteeröl bereitet und ist ein farbloses,
stark giftiges 01. Bleiwasser — mit Wasser verdünntes essigsaures Bleioxyd.