Kupfergewinnung im Kaukasus.
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Stadt", gepumpt, deren von Naphtha triefende Straßen, schwarze Fabrik-
mauern und Schornsteine einen trostlosen Anblick bieten. Jede Fabrik hat
zahlreiche Sammelbecken aus Eisenblech, in denen der Rohstoff uud die da¬
raus gewonnenen Produkte aufbewahrt werden. Durch Destillation erlangt man
aus der Naphtha 30 — 35% Petroleum. Der dickliche Rückstand dient teils
als Heizstoff, teils werden aus ihm die wertvollen Mineralschmieröle gewonnen.
Fast alle Produkte gehen entweder mit der Bahn nach Batum am Schwarzen
Meere oder zu Schiff nach Astrachan. Solch ein Transportschiff ist von
Eisen und in etwa sechs Fächer eingeteilt, die mittels Pumpen gefüllt und
ebenso gelöscht werden; die Form der Eisenbahnwagen hat Ähnlichkeit mit
Zisternen. Im Jahre 1896 wurden aus Baku etwa 15 Millionen Doppel-
zentner Petroleum, l1/* Millionen Doppelzentner Schmieröle und 35 Millionen
Doppelzentner Rückstand für Heizzwecke ausgeführt.
Nach Rudolf Rischin (Baku). (Aus: „Stein der Weisen".)
*13. Kupkergemmiung im Kaukasus.
1. Die weltbekannte Firma Siemens und Halste besitzt in Petersburg
ein Zweiggeschäft, welches in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts von
der russischen Regierung mit dem Bau mehrerer Telegrapheulinien im kaukasischen
Rußland beauftragt wurde. Aus diesem Grunde wurde in Tiflis ein Neben¬
geschäft errichtet, dessen Leitung Walter Siemens übernahm. Nach Vollendung
der Arbeiten brachte dieser im Jahre 1864 den Ankauf einer reichen Kupfer¬
mine zu Kedabeg bei Elisabethpol in Vorschlag. Da der Bergwerksbetrieb
in den Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit der Firma nicht hineinpaßte, so
gaben Werner von Siemens und sein Bruder Karl das zum Ankauf und
Betriebe erforderliche Kapital privatim her. Über diese Unternehmung gibt
Werner von Siemens in seiner Lebensbeschreibung folgenden lehrreichen
Bericht:
Das Kupferbergwerk Kedabeg ist uralt; dafür zeugt die Unzahl alter
Arbeitsstätten, die den Gipfel des erzführenden Berges krönen, das Vorkommen
gediegenen Kupfers und endlich der Umstand, daß in der Nähe ausgedehnte
vorgeschichtliche Grabfelder liegen. Das Bergwerk hat eine paradiesisch schöne
Umgebung mit gemäßigtem Klima und liegt etwa 800 m über der großen
kaukasischen Steppe, die sich von einem Ausläufer des kleinen Kaukasus bis
an das Kaspische Meer zieht. Als der uralte Abbau der zu Tage tretenden
Erze nicht mehr fortgesetzt werden konnte, kam das Bergwerk in die Hände
der Griechen. Ihre schrägen, treppenförmig niedergetriebenen Schachte, aus
denen sie auf dem Rücken Erze und Wasser hinauftrugen, waren noch im
Gebrauch, als mein Bruder Walter das Werk übernahm. Der Bergbau
nach modernen Grundsätzen wurde von uns mit sehr rosigen Hoffnungen
unter Leitung eines jüngeren preußischen Berg- und Hüttenmannes begonnen.
Bald aber zeigte es sich, daß bedeutende Schwierigkeiten zu überwinden waren
und große Geldsummen aufgewendet werden mußten, um einen lohnenden
Betrieb herbeizuführen. Lag doch das Werk etwa 600 km vom Schwarzen
Meere entfernt, mit dem es weder durch eine Eisenbahn noch durch ordentliche
Straßen in Verbindung stand! Alle für das Bergwerk und die zu erbauende
Kupferhütte erforderlichen Materialien, ja sogar die feuerfesten Steine mußten
aus Europa bezogen werden. Für das Leben einer europäischen Kolonie
in dieser paradiesischen Wüste, in der Erdhöhlen als menschliche Wohnungen
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