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Die deutsche Flotte.
Unteroffiziere und Gemeine haben Anspruch auf Invalidenversorgung,
wenn sie durch Dienstbeschädigung oder nach einer Dienstzeit von
8 Jahren invalide geworden sind; nach 18jähriger Dienstzeit ist
ihnen der Nachweis der Invalidität gänzlich erlassen. Sie sind Halb¬
invalide, wenn sie noch zum Garnisonsdienst, Ganzinvalide, wenn sie
zu keinerlei Militärdienst mehr tauglich sind. An Stelle der Pension
kann die Aufnahme in ein Invalideninstitut treten. Unteroffizieren
wird nach 12-jähriger, vorwurfsfreier Dienstzeit, auch ohne daß sie
invalid geworden sind, ein Zivilversorgungsschein bewilligt. Sie
erhalten dadurch die Aussicht, im staatlichen oder Gemeindedienste
in eine mit Pensionsberechtigung verbundene Beamtenstellung ein¬
zutreten, die ihrer Fähigkeit entspricht. Auch für die Witwen und
Waisen von Militärpersonen ist gesetzlich Fürsorge getroffen, und
die Grundsätze der Unfallversicherung sind auf die Militärpersonen
ausgedehnt worden. Zur Sicherstellung der durch den deutsch¬
französischen Krieg dem Reiche erwachsenen Pensionslasten wurde
der französischen Kriegskostenentschädigung der Betrag von 187
Millionen Talern entnommen und einem besonderen Fonds, dem
Reichsinvalidenfonds, überwiesen.
Im Auslande wird Deutschland häufig das „Land der Schulen
und Kasernen“ genannt. Dieser Ausdruck wird manchmal vielleicht
weniger anerkennend, als spöttisch gebraucht; denn Schulen und
Kasernen sind gewöhnlich nicht prächtige Paläste, auch wenn sie
groß und geräumig sind, und doch liegt darin ein Lob, auf welches
der Deutsche stolz sein kann. Denn die Zahl und Einrichtung der
Schulen zeigt, wie eifrig im deutschen Vaterlande daran gearbeitet
wird, das heranwachsende Geschlecht im Denken und Handeln,
Wissen und Können tüchtig zu machen. Auch die „Kaserne“, d. h.
der Militärdienst, ist eine große Volkserziehungsanstalt; denn mancher
junge Mann lernt erst als Soldat Pünktlichkeit, Sauberkeit und
pflichttreuen Gehorsam, Tugenden, die ihm im ganzen späteren Leben
die reichsten Früchte bringen. Ganz besonders aber verdankt unser
Vaterland der Stärke und anerkannten Tüchtigkeit des Heeres
sein politisches Ansehen, seine Machtstellung unter den Völkern,
und — so seltsam es klingen mag — die Bürgschaft des Friedens.
Aus diesen Gründen ist unser Kaiser rastlos bemüht, die deutsche
Wehrkraft auf ihrer Höhe zu erhalten und immer mehr zu vervoll¬
kommnen nach dem Grundsätze: „Willst du den Frieden, so sei
Stets kriegsbereit!“ Nach Hue de Grais u. Hoffmann u. Groth.
*193. Die deutsche Flosse.
1. Das weite Meer bietet unzählige Straßen zwischen allen
Ländern der Erde und verbindet die fernsten Küsten miteinander;
deshalb streben tatkräftige Völker dem Meere zu, und die Geschichte
der Seefahrt ist zugleich die Geschichte der menschlichen Ent¬
wickelung. Ein handeltreibendes Volk darf sich den Seeverkehr
nicht abschneiden lassen, wenn es lebensfähig bleiben will, und um¬
gekehrt: je mächtiger ein Volk zur See ist, um so gesicherter ist
sein Welthandel. Das kleine Inselvolk der Engländer, welches kaum