No. 76.
Landwirtschaft und Gewerbe.
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diese wieder mit Eiern zu besetzen, ein Vorgang, der sich im Laufe eines Jahres
7—g mal wiederholt. Die im Brutkörper vorhandene Wärme gleicht der
unseres Blutes, und damit dieselbe nicht entweicht, halten die Arbeiterinnen
die Brut dicht besetzt. Wie das Quecksilber in der Kugel des Thermometers
sich bei zunehmender Würnie ausdehnt, so geht es auch mit dem Brutkörper,
wenn die lauen Frühlingslüfte wehen.
Die blinden, fußlosen Maden sind ganz auf die Pflege ihrer älteren
Geschwister angewiesen. Die jüngeren Bienen, Brutbienen oder Ammen
genannt, bieten den Maden als Nahrung einen weißen, milchartigen Saft
in so reicher Menge, daß dieselben geradezu im Futter schwimmen. Die
nährenden Ammen nehmen in die Hintere Abteilung des zweiteiligen Magens
Pollen und verdünnten Honig auf; nach beendigter Verarbeitung geben sie
diesen Futtersaft iu die mit Maden besetzten Zellen; andere füttern damit
auch die Königin. Unter den von den Flug- oder Trachtbieneu eingesammelten
Nahrungsstossen ist in der Brutzeit der Blütenstaub am wichtigsten und un¬
entbehrlichsten. Er wird stets in der Nähe der Brut aufgespeichert, so daß
der ganze Brutkörper von einer Nahrungsschicht aus Blütenstaub und Honig
umgeben ist. Besonders merkwürdig muß uns erscheinen, daß die jungen
Königinnen ein in Beziehung auf den Gehalt an Eiweiß, Fett und Zucker
anders zusammengesetztes Futter erhalten als die Drohnen und die Arbeits¬
bienen. Während bei den beiden letzteren das Futter an Eiweiß allmählich
ärmer und im ganzen rauher wird, bleibt es bei den königlichen Maden stets
von gleicher Güte.
Die in den äußeren Teilen des Brutkörpers befindlichen Drohnen- und
Weiselzellen werden von der Königin nur besucht, wenn der Futtersaft be¬
sonders reichlich und gehaltvoll erzeugt wird. Dieses ist der Fall, wenn die
Natur Blütenstaub und Honig im Überfluß spendet (Mai und Juni) und
im Stocke viele Ammen vorhanden sind. Drohnenbrut oder neuangesetzte
Königinuenzellen zeigen an, daß die Schwarmlust erregt ist. Sobald die
Jungen in den Weiselzellen sich so weit entwickelt haben, daß sie sich ein¬
spinnen und ihre Zellen von den Baubienen zugemauert sind, kann der Stock
als schwarmreif bezeichnet werden. In günstiger Mittagsstunde zieht die alte
Königin 'mit einem großen Teil des. flugfähigen Volkes aus, um ein neues
Gemeinwesen zu gründen (Naturschwarm). Dem Vorschwarm folgt nach
etwa 9 Tagen oftmals ein Nachschwarm, bei den schwarmlustigen Heide- und
Krainerbienen noch mehrere.
Diese Vermehrung kann an den Bienenstöcken auch durch den Imker
vollzogen werden (Kunstschwarm). Aus dem umgestülpten Strohkorbe treibt
der Bienenzüchter das schwarmreife Volk durch Klopfen in einen darauf be¬
festigten leeren Korb (Trommelschwarm). Bei der beweglichen Einrichtung
kann ein Kunstschwarm leicht und auf verschiedene Weise hergestellt werden.