Full text: Lehr- und Lesebuch für berg- und hüttenmännische Schulen

Aus dem praktischen Betrieb des Bergbaues 153 
Bohrtaucher, der durch das lose Gebirge bis in die erste feste Gesteinslage 
gesenkt ist. Sie dient dazu, dem Bohrloche eine gerade Richtung zu geben 
und seine oberen Wände vor dein Zusammenfallen zu bewahren. In dem 
Bohrloche hängt dann das Bohrgestänge. Dasselbe endigt in dem so¬ 
genannten Wirbel stücke, welches eine lange Stellschraube zum 
Nachlassen hat; dieses ist nötig, wenn das Bohrloch an Tiefe zunimmt. 
Das Wirbelstück ist an dem kurzen Ende eines langen, auf dem Bohr¬ 
loche ruhenden Bohrschwengels befestigt, während an dem entgegengesetzten 
langen Ende desselben die Angriffsstange angebracht ist. Auf diese drücken 
die Bohrarbeiter so, daß das Gestänge an dem unteren Ende gehoben wird. 
Während dieser Hebung ersaßt der Bohrmeister, welcher neben dem 
Bohrschachte steht, den Bohrkrückel und gibt dem Gestänge eine kurze 
Drehung. Hierauf fällt es wieder in das Bohrloch zurück. Die Schneide 
des Bohrers dringt dabei in die Sohle des Bohrloches und zertrümmert 
im Aufschlagen durch sein Gewicht das Gestein. 
Früher bestand das ganze Gestänge aus eisernen Bohrstangen, welche 
man aneiander geschraubt hatte. Die unterste Stange trug den Bohrer. 
Wenn man das Gestänge dann niederfallen ließ, so wirkte das ganze 
Gewicht des Gestänges auf die Schneide des Bohrers ein und verstärkte 
ihren Schlag. Bei großer Tiefe des Bohrloches wurde das Gestänge na¬ 
türlich sehr schwer und der Ausstoß oft so stark, daß Bohrer oder Gestänge 
abbrachen, sich in der Tiefe festkeilten und nur mit größter Mühe wieder 
heraufgeholt werden konnten. Diesen Übelstand hat man durch sinnreich 
erfundene, praktische Einrichtungen des Gestänges zu beseitigen gesucht, 
und es ist durch Einschaltung von sogenannten Abfall stücken erreicht, 
daß nur das Gewicht des frei fallenden Bohrers ohne das des ganzen Ge¬ 
stänges auf das Gestein einwirkt, so daß das Abbrechen des Gestänges und 
damit die Unterbrechung der Bohrarbeit vermieden wird. 
Zum Bohren in festem Gesteine benutzt man den Meißelbohrer, in 
neuerer Zeit mit Vorliebe auch den drehenden Diamantbohrer des Majors 
Beaumont i), bei welchem ein Kern gebohrt wird. Solche Diamantbohrer 
haben einen hohen Wert. Kürzlich war bei einem Bohrversuche auf der 
Loddenheide bei Münster ein. solcher im Werte von 20000 Mk. in einer 
Tiefe von 1400 Meter in Verlust geraten. Groß war die Freude bei 
Ingenieuren und Arbeitern, als es nach wochenlanger Anstrengung ge¬ 
lang, den stählernen Bohrkranz mit den sechs eingesetzten Diamanten aus 
der Tiefe heraufzuholen. In losem Gebirge bohrt man auch wohl durch 
einen beständigen Wasserstrahl; dieses Verfahren ist im Jahre 1875 bei 
Aachen bis auf das feste Kohlengebirge mit Erfolg angewendet. 
Das durch die Schläge des Bohrers zertrümmerte Gestein bildet ent¬ 
weder trockenes Bohrmehl oder nassen Bohrschmand; diese müssen von 
Zeit zu Zeit aus dem Bohrloche entfernt werden. Das geschieht durch 
den sogenannten Löffel, einen oben offenen Zylinder, in dessen Boden 
sich eine Klappe befindet. 
Zur Bewegung des Bohrgestänges wendet man statt der Menschen¬ 
kräfte auch wohl Dampfmaschinen oder andere maschinelle Kräfte an. Zu 
1) Sprich Bomong.
	        
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