Sittliche und wirtschaftliche Grundlagen des Bergmannsstandes 41
Mill.t Jahresförderung im Werte von über 155 Mill. M.) kommen
in Deutschland vornehmlich der Thüringisch-Sächsische, der Nieder¬
lausitzer und der Niederrheinische Bezirk in Betracht.
Die jährliche Kohlengewiilnung der Welt, die sich von 1895
bis 1910 nahezu verdoppelt hat, wird für das Jahr 1910 auf rund
1160 Millionen Tonnen geschätzt.
In die Versorgung des Weltnlarktes mit Kohle teilen sich nur
lveilige Staaten: Auf Deutschlalld entfällt von der Gesamtförderung
der Welt etwa der fünfte Teil; auf die Vereinigtelt Staaten voll
Amerika über ein Drittel, auf Großbritannien beillahe ein Viertel.
Österreich-Ungarn, Frankreich, Belgien, Rußland und Japan sind
ferner noch Produktionsgebiete für Kohle.
Außer den Zahlen der F ö r d e r u n g fiitb auch die des Außen¬
handels zu beachten, beim die Zahlen der Förderung allein las¬
sen den Verbrauch an Kohlen nicht erkennen. Bei uns überwiegt
die Ausfuhr die Einfuhr bedeutend. Erst die Summe der Kohlen¬
förderung und der Kohlen eins u h r abzüglich der Ausfuhr er¬
gibt die Höhe des Kohlen Verbrauchs für ein Land. Der tatsächliche
Verbrauch an Steinkohlen belief sich im Jahre 1910 auf etwa 140
Mill. t oder 2157 kg auf den Kopf der Bevölkerung, während an
Braunkohlen 77 Mill.t (1186 kg per Kopf) bei uns verbraucht
wurden.
Und doch erscheinen diese Summen nicht zu hoch, wenn man
bedenkt, daß alle Waren, die überhaupt produziert werden, der Kohle
zu ihrer Entstehung bedürfen. Alle in den letzten Jahren so ge¬
waltigen Vergrößerungen der Industrie haben einen Mehrverbrauch
von Kohlen zur Folge gehabt. Unsere Handelsflotte ist in ungeahn¬
ter Weise gewachsen; unsere Kriegsflotte ward vergrößert, und wenn
mau bedenkt, daß ein Dampfer, der 20000 t Wasser verdrängt, eine
Kohlenladung von ungefähr zwei Eifenbahnzügen notwendig hat, so
ist es nicht zu verwundern, daß die schwarzen Diamanten ständig
im Preise steigen. Zur Erzeugung von Elektrizität, die unserem
Zeitalter das Gepräge gibt, wird Kohle gebraucht; jede kleine Stadt
verbraucht für ihre Bahnen, Licht- und Kraftanlagen Mengen, die
frühere Zeiten nicht geahnt haben.
3. Während Deutschland an Kohlen viel mehr fördert als ver¬
braucht, reicht die Förderung von Eisenerzen nicht aus, um die
einheimische Eisen- und Stahlindustrie mit Rohstoff in aus¬
reichender Weise zu versorgen. Diese befindet sich seit einem vollen
Jahrhundert in fortschreitender Entwickelung, besonders aber seit die
Erfindung des Bessemerverfahrens die Herstellung von
Stahl in Massen und zu niedrigen Preislagen zuläßt. „Von da an
wurde die Verwendung von Stahl ganz allgemein und rief eine un¬
geahnte Ausdehnung, ja eine völlige Umwälzung in der Eisenindu¬
strie hervor. Diese wahrhaft epochemachende Erfindung wurde dann
weiterhin durch das Martiuverfahren, ferner durch die Ausbildung
des Bessemerverfahrens durch Thomas und Gilchrist und schließlich