Full text: Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz

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3. 0 haltet eure Scholle wert 
Und bleibt ihm treu, dem Lande! 
Der üble Dunst der Stabte zebrt 
Und lockert alle Lande. 
Keucht auch in Arbeit eure Brust, 
Cs stählt und gibt euch Dauer, 
jedweder rufe stolz bewusst: 
»Ich bin ein deutscher Bauer!« 
lücklich der Fuß, der über weite Flächen des eigenen Grundes 
schreitet; glücklich das Haupt, das die Kraft der grünenden 
Natur einem verständigen Willen zu unterwerfen weiß! Alles, was 
den Menschen stark, gesund und gut macht, das ist dem Landwirt 
zuteil geworden. Sein Leben ist ein unaufhörlicher Kampf, ein end¬ 
loser Sieg. Ihm stählt die reine Gottesluft die Muskeln des Leibes, 
ihm zwingt die uralte Ordnung der Natur auch die Gedanken zu 
geordnetem Laufe. Er ist der Priester, der Beständigkeit, Zucht 
und Sitte, die ersten Tugenden eines Volkes, zu hüten hat. Wenn 
andere Arten nützlicher Tätigkeit veralten, die seine ist so ewig 
wie das Leben der Erde; wenn andere Arbeit den Menschen in 
enge Mauern einschließt, in die Tiefen der Erde oder zwischen die 
Holzplanken des Schiffes: sein Blick hat nur zwei Grenzen, oben 
den blauen Himmel und unten den festen Grund. Ihm wird die 
höchste Freude des Schaffens; denn was sein Befehl von der Natur 
fordert, Pflanze oder Tier, das wächst unter seiner Hand zu eigenem 
frohem Leben auf. Auch dem Städter ist die grüne Saat und die 
goldene Halmfrucht des Feldes, das Rind auf der Weide und das 
galoppierende Füllen, Waldesgrün und Wiesenduft eine Erquickung 
des Herzens; aber kräftiger, stolzer, edler ist das Behagen des 
Mannes, der mit dem Bewußtsein über die Fluren schreitet: dies 
alles ist mein, meine Kraft erschuf es und mir gereicht es zum 
Segen. Denn nicht in mühelosem Genuß betrachtet er die Bilder, 
die ihm die Natur entgegenhält. An jeden Blick knüpft sich ein 
Wunsch, an jeden Eindruck ein Vorsatz, jedes Ding hat für ihn 
einen Zweck; denn alles, das fruchtbare Feld, das Tier und der 
Mensch, soll Neues schaffen nach seinem Willen, dem Willen des 
Gebieters. Die tägliche Arbeit ist sein Genuß und in diesem Genusse 
wächst seine Kraft. — So lebt der Mann, der selbst der arbeitsame 
Wirt seines Gutes ist. 
Walther Seguite vom Brül)L 
82. Glück des Landmanns. 
Gustav Freytag.
	        
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