Full text: Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz

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vier Füchse für die Kutsche und ein Schimmel zum Reiten. Dieser 
Schimmel war das schnellste Pferd in ganz Vineta, und Usedom, 
so hieß der Kaufmann, nannte ihn nur seinen lieben Spring- 
10 indenwind. 
2. Eines Tages nun ritt Usedom in den Wald, unr zu sehen, 
ob seine Waren, die er erwartete, noch nicht ankämen. Da 
drangen plötzlich sechs Räuber auf ihn ein, und es wäre um ihn 
geschehen gewesen, hätte ihn nicht der Schimmel durch seine 
15 Blitzesschnelle gerettet; denn der eine Räuber hatte schon die 
Zügel des Pferdes ergriffen, und der andre hielt eine große 
Stange vor, über die aber der Schimmel hinwegsetzte. Uber 
und über war er mit Schaum bedeckt, als er seinen Herrn nach 
Hause zurückbrachte, und dieser nahm sich vor, das Pferd nie zu 
20 verkaufen, sondern ihm täglich drei große Metzen Hafer zu geben 
bis zu seinem Tode. 
3. Doch allmählich vergaß Usedom, daß er den: Schimmel 
sein Leben verdanke, und gab ihm nur noch zwei kleine Metzen 
Hafer. Der Schimmel hatte sich nämlich bei der Rettung seines 
25 Herrn zu sehr erhitzt, war steif, lahm und endlich blind geworden. 
Sein Herr mochte nun nicht mehr auf ihm reiten und kaufte 
sich ein andres Pferd. Weil aber der Schimmel noch gar nicht 
alt war, so lebte er noch viele Jahre nach jenem Ritte. Da 
gab ihm sein Herr zuletzt nur noch eine Metze Hafer des Tages, 
30 und da ihm bald auch dieses zu viel schien und kein Mensch etwas 
für den alten Gaul bieten wollte, befahl er seinem Knecht, ihn 
wegzujagen. Der Knecht nahm einen Prügel und trieb das 
Pferd aus dem Stall. Da blieb es sieben Stunden am Tore 
stehen, traurig, gesenkten Hauptes, und spitzte die Ohren, weiln 
35 sich etwas im Hause regte. Die Nacht schlief es auf den hartell 
Steinen, während es kalt war und schneite. Endlich drängte der 
Hunger das Tier, sich Nahrung zu suchen. Aber es fand nur 
wenig; dabei stieß es, weil es blind war, überall an. 
4. Es war aber irt Vineta ein Glockenhaus, das stand Tag 
40 und Nacht offen. Mall hatte es erbaut, um Unrecht zu ver¬ 
hüteil. Denn lvenll jemand meiilte, es geschehe ihm unrecht, 
so gülg er ill das Glockenhaus uild läutete. Sogleich kameil danil 
die Richter der Stadt zusallnuell und sprachell Recht. Zufällig
	        
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