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Selbst in Paris und Petersburg nahmen viele warmen Anteil an dem
Geschicke des Königs; ja bis in die Türkei reichte die Begeisternng.
Dem Maler Hackert wnrde mitten in Sizilien bei der Durchreise
durch eine kleine Stadt von dem Magistrat ein Ehrengeschenk
von Wein und Früchten überreicht, weil man gehört hatte, daß
er ein Preuße wäre. Und der Kaiser von Marokko ließ die
Schiffsmannschaft eines Bürgers von Emden, den die Seeräuber
nach Mogador geschleppt hatten, ohne Lösung frei, schickte die
Mannschaft nengekleidet nach Lissabon und gab ihnen die Ver¬
sicherung, ihr König sei der größte Mann der Welt, kein Preuße solle
in seinen Ländern Gefangener sein, seine Kreuzer würden nie die
preußische Flagge angreifen.
Jetzt empfanden die Deutschen ans einmal, daß auch sie teilhatten
an der Ehre und Größe der Welt, daß ein König und sein Volk, alle
von ihrem Blute, dem deutschen Wesen eine goldene Fassung gegeben
hatten, der Geschichte der Menschheit einen neuen Inhalt. Jetzt durch¬
lebten sie alle selbst, wie ein großer Mensch kämpfte, wagte und siegte.
Unterdes rang der König ohne Ende gegen seine Feinde, nicht
ohne Schmerz und herzzerreißende Sorge. Zehn Tage nach der Schlacht
bei Kollin starb seine Mutter, das Jahr darauf sein Bruder August
Wilhelm, kurz darauf erhielt er die Nachricht vom Tode seiner Schwester,
der Markgräfin von Bairenth; einer nach dem andern von seinen
Generalen sank an seiner Seite; seine alten Soldaten, sein Stolz, fielen
zu Tausenden. So lebte er fort, die Jahre kamen und gingen, riesig
war die Arbeit, unermüdlich sein Denken; das Fernste und Kleinste
übersah prüfend sein Adlerauge, und doch keine Änderung, nirgend eine
Hoffnung. Aber der König, in dessen Lage jeder andere verzweifelt
wäre, war fest entschlossen, keinen demütigenden Frieden zu unterzeichnen.
„Niemals werde ich den Augenblick erleben, der mich verpflichten wird,
einen nachteiligen Frieden zu schließen. — Ich werde mein Land retten
oder mit ihm untergehen."
Und er hielt aus. Die Kraft seiner Feinde wnrde geringer, auch
ihre Feldherren nutzten sich ab, ihre Heere wurden zerschmettert; endlich
trat Rußland von der Verbindung zurück. Dies und die letzten Siege
des Königs gaben den Ansschlag. Friedrich hatte überwunden, er
hatte das eroberte Schlesien für Preußen gerettet, sein treues Volk
frohlockte. Allein und still kehrte er nach Sanssouci zurück. Er wollte
den Rest seiner Tage, wie er sagte, im Frieden für sein Volk leben.
Ergänzungen zum Seminarlesebuch.