410 237. Friedrich Barbarossa.
Als der Gewählte drauf sich niederliefs,
Ergriff er seines edlen Vetters Hand
Und zog ihn zu sich auf den Königssitz.
Und in den Ring der Fürsten trat sofort
Die fromme Kaiserwitwe Kunigund’.
Glückwünschend reichte sie dem neuen König
Die treu bewahrten Reichskleinode dar. —
Zum Festzug aber scharten sich die Reihen,
Voran der König, folgend mit Gesang
Die Geistlichen und Laien; so viel Preis
Erscholl zum Himmel nie an einem Tag!
Wär’ Kaiser Karl gestiegen aus der Gruft,
Nicht freudiger hätt’ ihn die Welt begriffst.
So wallten sie den Strom entlang nach Mainz,
Woselbst der König im erhabnen Dom
Der Salbung heil’ge Weihe nun empfing.
Wen seines Volkes Ruf so hoch gestellt,
Dem fehle nie die Kräftigung von Gott!
Und als er wieder aus dem Tempel trat,
Erschien er herrlicher als kaum zuvor
Und seine Schulter ragt’ ob allem Volk. uhiand.
237. Iriedrich Barbarossa.
1152—1190.
In Friedrich, von den Italienern Barbarossa (Rotbart) genannt,
war dem Reiche wieder ein Kaiser erstanden, der an Bedeutung neben
Karl dem Großen und Otto dem Großen steht.
Er suchte das Deutsche Reich vor allen Reichen der Erde groß und
herrlich zu machen. Seinem Streben traten jedoll) große Schwierigkeiten
in den Weg. Ein Streit mit dem Papst und Zwistigkeiten mit den
lombardischen Städten, welche die Oberhoheit des Kaisers über Italien
nicht anerkennen wollten, zwangen ihn, wiederholt über die Alpen zu
ziehen. Sechsmal führte er eine gewaltige Heeresmacht in das auf¬
ständische Land um das kaiserliche Ansehen zu wahren. Allein so sieg¬
reich und ruhmvoll er auch kämpfte, Italien wurde nicht bezwungen.
Einen kräftigen Gegner hatte Friedrich auch in Deutschland zu be¬
kämpfen. Das war Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen und Bayern,
aus dem stolzen Geschlechte der Welfen, der Gründer Münchens. Durch
den Besitz zweier Herzogtümer unter allen Fürsten Deutschlands der
mächtigste, hatte er seine Herrschaft durch glückliche Kriege gegen die
Wenden noch erweitert. Sie erstreckte sich von den Ufern der Nord-
und Ostsee bis über die Donau in die südlichen Gebirge. Da versagte
er dem Kaiser den schuldigen Gehorsam, als dieser, in Italien von
Feinden bedrängt, seiner Hilfe am meisten bedurfte. Selbst siehentliches
Bitten des Kaisers vermochte den stolzen Sinn Heinrichs nicht zu ändern.