277. Vom Kaviar.
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Rogen auszustossen, so schielst er sofort in die Tiefe des Flusses und
sucht sich die kältesten Stellen auf, wo er dann gierig alles ver¬
schlingt, was ihm in den Weg kommt, selbst Steine, Holzstücke und
ähnliches. Wegen seiner ausserordentlichen Gefräfsigkeit in dieser
Periode nennen die Fischer ihn auch den Fresser./
(y Was den Stör anbelangt, so ist er bedeutend leichter als der
Hausen und gibt natürlich auch weniger Kaviar. Der Stör wiegt selten
mehr als fünf Pud. Nach den Messungen des Akademikers Baer liefert
ein kleiner Stör bis 260000 Körner, ein grosser dagegen über eine
halbe Million. Die Menge dieser schmackhaften Fische verringert sich
infolge des unrationellen Fanges beständig. /
/ß, Fast dasselbe Gewicht wie der Stör hat auch die Sewruga, die
bis 400000 Eierchen gibt./(/Der Sterlet schliesslich erreicht gewöhnlich
eine Länge von zwölf Werschok (ä 44,5 mm) und ein Gewicht von
zwei bis fünf Pfund, obgleich auch in manchen Gegenden zwanzig-
pfündige Exemplare vorkommen. Die Sterlete lieben tiefe Stellen, ja
sie halten sich vielfach auf dem Grunde auf. Zur Absetzung des Rogens
suchen sie meist überschwemmte Flufswiesen auf und geben bis zu
100000 Eier. Erschöpft von dem andauernden Hungern — denn die
Sterlete fressen während der Laichzeit sowohl als auch den ganzen
Winter über fast nichts — stürzen sie sich nun an die Ufer der Flüsse
und Seen, wo sich unter den überhängenden Weidengebüschen und
im Schilfe zahllose kleine Organismen aufhalten, und füllen sich den
Bauch derart an, dass ein Naturforscher in einzelnen Sterleten gegen
35000 Raupen und Fliegen finden konnte./
j. Der Kaviar vom Hausen gilt als der beste und hat auch die
grössten Körner, weshalb man ihn auch nicht mit anderen Sorten ver¬
mischt ; der Kaviar von Stör und Sewruga wird zusammen verarbeitet
in den Handel gebracht. Der Sterlet liefert die feinstkörnige Ware,
die daher auch meist nicht verkauft, sondern von den Fischern ver¬
braucht wird/
Gewöhnlich werden vier Sorten Kaviar bereitet, die folgende
Benennungen führen: körniger, gepresster, Sommerfang und roher
Kaviar. /
/tt Die technische Seite der Zubereitung des Kaviars erfordert nur
sehr wenige Fertigkeiten und Kenntnisse. Der frische Rogen wird
durch ein Sieb geschüttelt und so von den festen und häutigen Teilen
gereinigt, dann gesalzen, in Lindenfässchen verpackt und fest ver¬
schlossen. Diesen Kaviar nennt man körnig.
{f Der Presskaviar wird anders zubereitet. In einer leicht angewärmten
Salzlake muss der durch Siebe gedrückte Rogen zehn bis fünfzehn
Minuten ziehen, wodurch die Körner fester und haltbarer werden.
Wenn der Kaviar beim Drücken in der hohlen Hand keine milchigen
Teile mehr abgibt, so beginnt eine andere Arbeit. Der Arbeiter hebt
den Kaviar aus dem Trog und lässt die Lake abfliefsen, schüttet ihn
in Mattensäckchen, die zwei bis drei Pud fassen, und bringt ihn unter
die Presse. Ungefähr fünfzehn Minuten wird er dem Druck ausgesetzt,
worauf man ihm Stunden, Tage, selbst eine Woche lang Ruhe lässt.
Danach kommt er aus den Mattensäcken in eichene Fässer, die mit
Servietten (Leinwand) ausgelegt sind, um hier mit den Füssen, die in
Lederstrümpfen stecken, gestampft zu werden. Den körnigen und
gepressten Kaviar bereitet man in kühler Jahreszeit, im Herbst
und im Frühling, aus ganz frischen Fischen./ Ist der Fang an
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