Full text: Deutsches Lesebuch für kaufmännische Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten

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59. August Graf von Platen (1796—1835). 
3. Wohl glich ihr Sänger auch der Eiche, 
So dauernd und so mächt'ger Kraft, 
Der Sprache weitverzweigte Reiche 
Gestaltend voller Meisterschaft. 
Er immer selbst, die freie Seele; 
Sein deutsches Herz gab stets sich kund. 
Ob Madrigal, ob Spruch, Gasele, 
Ob Lieder sang sein reicher Mund. 
4. Wie künstlich auch die Formen gipfeln, 
Der Grund wie streng uno schlicht und stark. 
An ihm war alles von den Wipfeln 
Bis zu der Wurzel gleiches Mark; 
Ja, unter diesem Eichenbaume 
Erblüten Rosen, wunderzart, 
„Die Weisheit" lag vertieft im Traume. 
Beim Eisen der Juwel verwahrt. 
5. Dem Dichter, der die süßen Lieder, 
Den „Liebesfrühling" sang, ein All 
Von Glück und Treue, blüh' der Flieder 
Und singe stets die Nachtigall! 
Des Dichters Denkmal wird gesungen. 
Nicht nur gebaut aus Erz und Stein, 
Stets wird es in Begeisterungen 
Und im lebend'gen Worte sein. 
59. August Graf von Malen (1796—1835). 
1. Ich war ein Dichter und empfand die Schläge 
Der bösen Zeit, in welcher ich entsprossen; 
Doch schon als Jüngling hab' ich Ruhm genossen 
Und auf die Sprache drückt' ich mein Gepräge. 
2. Die Kunst zu lernen war ich nie zu träge, 
Drum hab' ich neue Bahnen aufgeschlossen, 
In Reim und Rhythmus meinen Geist ergossen. 
Die dauernd sind, wofern ich recht erwäge. 
3. Gesänge formt' ich aus verschiednen Stoffen, 
Lustspiele sind und Märchen mir gelungen 
In einem Stil, den keiner übertroffen: 
4. Der ich der Oden zweiten Preis errungen 
Und im Sonett des Lebens Schmerz und Hoffen 
Und diesen Vers für meine Gruft gesungen. 
Linqg. 
Plate». Grabschriw
	        
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