Full text: Welcher die Geschichte der neuern Zeit und neuesten Zeit enthält nebst Zeittafeln zur Welt- und Culturgeschichte (Bd. 2)

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xung, an deren Spitze der verschmitzte Fouché stand, ließ zur Sicherheit 
der Person Napoleon's zu Rochefort zwei Fregatten ausrüsten, um seine 
Ueberfahrt nach Amerika zu bewerkstelligen, wo er als Privatmann zu leben 
wünschte. Am 8. Juli schiffte er sich in Rochefort ein, wurde aber durch 
die englischen Kreuzer am Auslaufen verhindert. In so hoffnungsloser Be— 
drängniß nahm er das Anerbieten des englischen Capitäns Maitland an, 
ihm eine Zuflucht auf seinem Linienschiffe, dem Bellerophon, zu gewäh— 
ren, und bestieg dasselbe am 15. Juli mit den Worten: „Ich komme an 
Ihren Bord, um mich unter den Schutz der englischen Gesetze zu stellen.“ 
Aber für den Geächteten war kein Gesetz mehr und kein Recht. Die Lan— 
dung bei Plymouth wurde ihm versagt und am 30. Juli angekündigt, daß 
er als gemeinschaftlicher Gefangener aller Verbündeten, doch unter der beson— 
dern Obhut Englands, nach St. Helena werde gebracht werden. Alle 
seine Protestationen waren umsonst: am 7. August mußte der „General 
Bonaparte“ — seine kaiserliche Würde war von England niemals anerkannt 
worden — nach strenger Untersuchung seines Gepäcks, nach Abnahme seines 
Geldes (4000 Goldstücke) mit 22 Personen, darunter Bertrand, Mon— 
tholon, Gourgaud und Las Cases mit den Gemahlinnen der ersten 
beiden, den Northumberland besteigen und am 18. October betrat der 
Mann, welcher 19 Jahre lang die Bewunderung und das Schrecken der 
Welt gewesen, die in schauervoller Abgeschiedenheit liegende wüste Insel, 
das ihm bestimmte Felsengrab. Dort hat er noch fünf Jahre lang, umge— 
ben von wenigen Getreuen, unter der peinlichen und kleinlichen Aufsicht des 
Gouverneurs Sir Hudson Lowe in drückender Gefangenschaft gelebt, 
mit der Erinnerung seines thatenvollen Lebens beschäftigt und seinen Freunden 
Abschnitte aus demselben oder Betrachtungen über einige ihn interessirende 
alte und neue Werke dictirend. Er empfand oft bitteren Mangel, so daß 
er um zu leben sein Silbergeschirr verkaufen, einen gewendeten Rock tragen 
und von seinen Begleitern borgen mußte. Im Ganzen blieb seine große 
Seele ungebeugt, er sprach sich. über Vieles aus seinem Leben nicht mit 
Reue, sondern mit Beschönigungen aus und bemühte sich, die Größe und 
Reinheit seiner Gesinnungen und Thaten mit Worten zu beweisen. Dagegen 
lesen wir mit Interesse, wie auch das Reinmenschliche damals oft bei ihm 
hervortrat und wie er z. B. der Betrachtung des Religiösen mit Liebe sich 
zuwandte, als er die Kinder eines seiner Generale im Katechismus unter— 
xichtete. Zu seinen Seelenleiden gesellten sich infolge des Klimas und des 
Mangels an Bewegung bald auch heftige körperliche, und das Erbübel seiner 
Familie, der Magenkrebs, begann sich mit reißender Schnelligkeit auszubil— 
den. Am 16. April 1821 machte er noch sein Testament, in welchem er 
gegenwärtige und ferne Freunde reichlich bedachte, empfing kurz darauf die 
heiligen Sakramente aus den Händen zweier katholischen Priester und ver— 
fchied am 5. Mai mit einem Schmerzensblick auf die Büste seines Sohnes 
und unter angstvollen Phantasien. Im romantischen Thal Geranium 
wurde er am 8. Mai feierlich begraben und ein Schildwachtposten an das 
umzäunte und mit einer Trauerweide gezierte Grab gestellt. Sein Wunsch, 
in Frankreichs Erde zu ruhen, ging erst 1840 in Erfüllung, als durch 
einen Prinzen der Dynastie Orleans seine Asche von der fernen Insel 
im Triumphzuge nach Frankreich gebracht und inn Dome der Invaliden zu 
Paris niedergesetzt wurde.
	        
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