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und auf demselben die Moschee El-Haram, d. t. Heiligtum, ein ungeheures
Parallelogramm mit einer Menge von Höfen, Säulengängen und Bau¬
werken aus den verschiedensten Zeitaltern. In der Mitte des Vorhofes
steht das Hauptheiligtum der mohammedanischen Welt, nach dem sie sich
beim Gebet wendet: die würfelförmige Kaaba. Dem Abraham brachte
Gabriel vom Himmel den berühmten schwarzen Stein (einen Meteorstein),
der an der Nordostecke der Kaaba eingemauert, in Silber gefaßt und
durch die Küsse und Berührungen der Gläubigen abgescheu rt ist. Das
Heiligtum ist im Innern mit Teppichen geschmückt und auch von außen
mit einem großen Teppich bedeckt, auf dem in Goldschrift die Haupt¬
glaubenslehre gestickt ist: „Es gibt keinen Gott außer Gott und
Mohammed ist sein Prophet." Sie wird nur in den geheiligten drei
Monaten geöffnet, in welchen aus den verschiedensten Weltgegenden von
Marokko bis zum indischen Archipel, vom Niger bis zur chinesischen
Grenze die Pilger zusammenströmen. Dann sind oft über 100,000 Men¬
schen versammelt. Feierliche Umgänge um die Kaaba, Berühren des
schwarzen Steines, Trinken aus dem geweihten Brunnen Zemzem, Besuch
des 20 km entfernten Berges Arafat, wo eine Predigt anzuhören ist,
machen die hauptsächlichsten frommen Übungen der Wallfahrer aus. Doch
nicht das Gebot des Korans allein treibt die Menschen nach Mekka, son¬
dern nicht weniger der Handelsgeist. Die Pilgerkarawanen genießen als
geheiligt in allen mohammedanischen Ländern vollkommene Sicherheit, und
so knüpft sich an die Wallfahrtszeit die größte Messe im Orient. Daniel.
12. China.
Unter den Völkern mongolischer Rasse steht schon in Bezug auf
die Zahl das chinesische obenan, aber auch wegen seiner uralten Kultur,
die es, von jeher ohne namhaften Verkehr mit anderen Völkern, ganz
selbständig aus sich hervorgebracht hat.
Der Typus des Chinesen ist der mongolische. Die Gestalt ist
durchschnittlich mittelgroß; im ganzen machen deshalb die Mongolen den
Eindruck des Kindlichen; der schwache, oft ganz fehlende Bartwuchs gibt
dem Manne ein etwas weibisches Ansehen. Auch an Muskeleutwickelung
steht die mongolische der mittelländischen Rasse nach. Die Grundzüge des
chinesischen Wesens sind Nüchternheit und Ruhe. Der Chinese ist fleißig,
mäßig, betriebsam und immer frischen Mutes. Bei der überwiegenden
Entwickelung seines Verstandes und seinem Mangel an Phantasie hat er
nur Sinn für jene Dinge, welche das tägliche Leben betreffen; was dar-
über hinaus liegt, ist ihm völlig unbegreiflich.
Die Kleidung des Chinesen besteht in einem Hemd meist aus Seide
oder Baumwolle, weiten Beinkleidern aus denselben Stoffen und einem
laugen, kaftanähnlichen Rocke darüber; um die Mitte wird ein Gürtel
getragen, von dem bei Vornehmen der Fächer in einem Futterale herab¬
hängt. Als Kopfbedeckung dient meist ein trichterförmiger Hut aus Bambus
oder Reisstroh; an den Füßen trägt man Stiefel oder Schuhe von plumper
Form. Von den Farben ist besonders die blaue beliebt, Gelb ist die Farbe
der kaiserlichen Familie, Weiß die Trauerfarbe. Der bei uns sprichwörtlich
gewordene Zopf der Chinesen ist erst durch die Mandschu zur Mode ge¬
worden, die 1644 China eroberten. Reinlichkeit ist keine Eigenschaft des
Chinesen: er trägt seine Kleider, bis sie durch den Gebrauch untauglich
geworden sind, ohne sie in der Zwischenzeit zu reinigen. Bäder sind ihm
Lesebuch s. gewerbl. Fortbildungsschulen. 8