Full text: Für allgemeine Fortbildungsschulen mit besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse des gewerblichen Lebens (Theil 1)

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Weltgeschichte. 
heil. Die erlebten Schrecknisse und das Bewußtsein der eignen Verderbnis 
mußten diesen finstern Wahn hervorbringen, und die Geistlichen beider Parteien 
pflegten ihn, um die zagenden Seelen zu beherrschen. Trotz dieser beständigen 
Angst vor den Höllenstrasen wurde doch mehr als se gesündigt, und je mehr man 
äußerlich ein züchtiges Leben heuchelte, desto schändlichere Dinge trieb man heim¬ 
lich. Man wollte das verkümmerte Leben doch ans irgend eine Weise genießen. 
Da ferner die wahre innere Ehre verloren gegangen war, jagte man nach 
ihrem eitlen Scheine, und die Nangsncht bemächtigte sich aller Stände. Die 
Kurfürsten wollten es dem Kaiser oder dem Könige in Frankreich gleich thun, die 
kleinen Fürsten den Kurfürsten; der Adel buhlte um Titel und Ehrenämter an 
den Höfen, der Bürgerliche wollte sich über seinen Stand wenigstens zum Scheine 
durch Pracht und Aufwand erheben. Für die Freiheit war aller Sinn verloren; 
einige Länder litten sklavisch unter den Launen kleiner despotischer Herren, und 
alle wurden einem barbarischen Rechtssysteme und roher Bcamtenwillkür unter¬ 
worfen. Die schlimmste Verirrung aber unter allen jener Zeit, die zugleich alle 
andern in sich begriff, war die Deutschvergessenheit. Niemand ehrte mehr den 
heiligen Llamen des Vaterlandes, seine große Vorzeit war vergessen, man fühlte 
nicht einmal den ungeheuren Abstand der gegenwärtigen Schande von der ehe¬ 
maligen Ehre. - Sogar die deutsche Sprache ward beinahe vergessen, und man 
mischte sie halb mit lateinischen, französischen, spanischen und italienischen Wörtern, 
die man den fremden Soldaten seit dreißig Jahren nachgelallt hatte. Auch die 
alte Tracht wurde vergessen, und man kleidete sich nach albernen, wechselnden Moden, 
in die Trachten derselben Fremdlinge, die alles Elend und alle Schande ins Land 
gebracht hatten. Das waren die Disteln und Dornen, die aus den Trümmern 
des alten Deutschlands hervorwuchsen, bis allmählich der gute Grund und Boden 
wieder gedeihlichere Saaten aufkeimen ließ. 
W. Menzel. 
17. Ludwigs XIV. Einfluß auf Deutschland. 
Vor dem dreißigjährigen Kriege war Deutschland das reichste und mächtigste 
Land Europas. Wie ward das anders, nachdem sich Deutschlands Macht in die¬ 
sem Kriege fast zu Tode geblutet hatte! 
Namentlich Ludwig XIV. von Frankreich spielte mit dem armen Lande fast 
nach Willkür; er wollte nicht nur im Innern Frankreichs Herr sein, er wollte 
auch Herr sein in Europa. In seinem Uebermuth ließ er sich eine Uhr machen, 
in welcher ein künstlicher, französischer Hahn bei jedem Stundenschlag krühete, der 
deutsche Adler aber, welcher auch an der Uhr angebracht war, zitterte bei diesem 
Krähen jedesmal am ganzen Leibe. Eine große Statue hatte er verfertigen lassen, 
die ihn selbst darstellte, stehend auf dem Nacken von vier gefesselten Sklaven, in 
deren Attributen man den Kaiser, Spanien, Holland und Brandenburg deutlich 
erkannte. Das deutsche Land Elsaß hatte er bereits, da erklärte er plötzlich, daß 
er zu alledem, was er vom heiligen deutschen Reiche erobert habe, auch noch alles 
das haben müsse, was jemals damit zusammengehangen, z. B. alle Klöster und 
Ortschaften, die einmal im Lehnsverbande oder Erbvertrage mit Elsaß gestanden
	        
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