Flüssige und feste Kohlensäure.
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zähe Flüssigkeit, die sich aus den zur Seifenbereitung benutzten
Fetten ausscheidet. Durch Zusatz eines Gemisches von Salpeter-
und Schwefelsäure bildet sich das gefährliche Sprengel, welches
sich durch Erhitzung, Stoß oder Schlag äußerst leicht zersetzt. Man
tränkt deshalb mit dem Sprengel feine, weiße Kieselerde*), die
vorher geglüht und gesiebt wird. Ein Teil Erde wird mit drei
Teilen Sprengel gemischt und mit der Hand geknetet; dann wird
die Masse durch Drahtsiebe gerieben. Die durchgesiebte, gelb-röt¬
liche, sich fettig anfühlende, geruchlose Masse heißt Dynamit. Es
besitzt fast dieselbe explosive Wirkung wie das Sprengel, dessen
Neigung zum Explodieren jedoch erheblich vermindert ist. Nach¬
dem es in die Form kleiner walzenförmiger Patronen gebracht ist,
wird es mit einer Umwickelung von starkem Pergament versehen,
die man beim Gebrauch entfernt. Es läßt sich nur durch plötzliches
Erhitzen, durch Zündhütchen, glühendes Metall, heftigen Stoß oder
Schlag zur Explosion bringen. Pulver, auf einen Stein gelegt und
entzündet, verpufft wirkungslos; Dynamit dagegen zersprengt seine
Unterlage infolge der gewaltigen Gasentwickelung, welche so plötz¬
lich erfolgt, daß die achtfache Wirkung des Pulvers erzielt wird.
Bei mangelnder Vorsicht kann daher das Dynamit schreckliches
Unglück anrichten, und in frevelhafter Hand verursacht es großen
Schaden, der nicht selten erst nach Jahren, oft gar nicht wieder
gut zu machen ist. Wie oft muß man in Tagesblättern lesen, daß
der gesamte Fischreichtum eines Gewässers durch Dynamit gänzlich
zerstört worden ist! Die Strafe für solch ruchloses Verfahren kann
daher nicht hoch genug bemessen werden. v
Nach Bich. v. Wagner u. Pr. Böckmann.
*106. Flüssige und feite Kohlensäure.
1. „Ei warum nicht gar! Kohlensäure, diese unsichtbare, ungreifbare
Luftart soll flüssig, ja sogar fest werden können! Das macht andern
Leuten weiß!“ — Nur gemach! Der Wasserdampf ist doch auch ein luft-
oder gasförmiger Körper, und doch setzt er sich am Küchenfenster in
Wassertropfen ab, und das Wasser geht bei weiterer Abkühlung in den
festen Zustand über. Willst du es den Gelehrten verdenken, wenn sie ver¬
suchten, ob sie diese Vorgänge bei denjenigen Gasen, welche für gewöhnlich
nur in luftförmigem Zustande vorkommen, nicht auf künstliche Weise herbei¬
führen könnten ?
Der englische Naturforscher Faraday (1791 —1869) und nach ihm
noch mancher andere hat tatsächlich solche Versuche angestellt. Er brauchte
dazu ein starkes, knieförmig gebogenes Glasrohr (s. Fig. 57), in welches er
Schwefelsäure und dann Soda schüttete. Hierauf schmolz er geschwind das
Rohr zu, schüttelte es heftig, und siehe da, aus dem Gemisch stieg eine
Luftart auf. Kohlensäure mußte es sein, die aus der Soda entwich; das
') Sie heißt auch Kieselguhr oder Infusorienerde, besteht aus den Panzern
noch jetzt vorkommender Infusorien und bildet in der Lüneburger Heide, Ungarn
und an andern Orten Lager von großer Mächtigkeit.