Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

Flüssige und feste Kohlensäure. 
233 
zähe Flüssigkeit, die sich aus den zur Seifenbereitung benutzten 
Fetten ausscheidet. Durch Zusatz eines Gemisches von Salpeter- 
und Schwefelsäure bildet sich das gefährliche Sprengel, welches 
sich durch Erhitzung, Stoß oder Schlag äußerst leicht zersetzt. Man 
tränkt deshalb mit dem Sprengel feine, weiße Kieselerde*), die 
vorher geglüht und gesiebt wird. Ein Teil Erde wird mit drei 
Teilen Sprengel gemischt und mit der Hand geknetet; dann wird 
die Masse durch Drahtsiebe gerieben. Die durchgesiebte, gelb-röt¬ 
liche, sich fettig anfühlende, geruchlose Masse heißt Dynamit. Es 
besitzt fast dieselbe explosive Wirkung wie das Sprengel, dessen 
Neigung zum Explodieren jedoch erheblich vermindert ist. Nach¬ 
dem es in die Form kleiner walzenförmiger Patronen gebracht ist, 
wird es mit einer Umwickelung von starkem Pergament versehen, 
die man beim Gebrauch entfernt. Es läßt sich nur durch plötzliches 
Erhitzen, durch Zündhütchen, glühendes Metall, heftigen Stoß oder 
Schlag zur Explosion bringen. Pulver, auf einen Stein gelegt und 
entzündet, verpufft wirkungslos; Dynamit dagegen zersprengt seine 
Unterlage infolge der gewaltigen Gasentwickelung, welche so plötz¬ 
lich erfolgt, daß die achtfache Wirkung des Pulvers erzielt wird. 
Bei mangelnder Vorsicht kann daher das Dynamit schreckliches 
Unglück anrichten, und in frevelhafter Hand verursacht es großen 
Schaden, der nicht selten erst nach Jahren, oft gar nicht wieder 
gut zu machen ist. Wie oft muß man in Tagesblättern lesen, daß 
der gesamte Fischreichtum eines Gewässers durch Dynamit gänzlich 
zerstört worden ist! Die Strafe für solch ruchloses Verfahren kann 
daher nicht hoch genug bemessen werden. v 
Nach Bich. v. Wagner u. Pr. Böckmann. 
*106. Flüssige und feite Kohlensäure. 
1. „Ei warum nicht gar! Kohlensäure, diese unsichtbare, ungreifbare 
Luftart soll flüssig, ja sogar fest werden können! Das macht andern 
Leuten weiß!“ — Nur gemach! Der Wasserdampf ist doch auch ein luft- 
oder gasförmiger Körper, und doch setzt er sich am Küchenfenster in 
Wassertropfen ab, und das Wasser geht bei weiterer Abkühlung in den 
festen Zustand über. Willst du es den Gelehrten verdenken, wenn sie ver¬ 
suchten, ob sie diese Vorgänge bei denjenigen Gasen, welche für gewöhnlich 
nur in luftförmigem Zustande vorkommen, nicht auf künstliche Weise herbei¬ 
führen könnten ? 
Der englische Naturforscher Faraday (1791 —1869) und nach ihm 
noch mancher andere hat tatsächlich solche Versuche angestellt. Er brauchte 
dazu ein starkes, knieförmig gebogenes Glasrohr (s. Fig. 57), in welches er 
Schwefelsäure und dann Soda schüttete. Hierauf schmolz er geschwind das 
Rohr zu, schüttelte es heftig, und siehe da, aus dem Gemisch stieg eine 
Luftart auf. Kohlensäure mußte es sein, die aus der Soda entwich; das 
') Sie heißt auch Kieselguhr oder Infusorienerde, besteht aus den Panzern 
noch jetzt vorkommender Infusorien und bildet in der Lüneburger Heide, Ungarn 
und an andern Orten Lager von großer Mächtigkeit.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.