Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

In den Rüdersdorfer Kalkbergen. 
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(s. Nr. 37) und Gerberei (s. Nr. 19). Auch dem Hütteumann ist er unent¬ 
behrlich; denn er wird den zu schmelzenden Erzen und Metallen zugesetzt. 
Diesen entzieht er die nichtmetallischen Bestandteile, mit denen er eine leicht¬ 
flüssige Schlacke bildet (s. Nr. 42). Da er Kohlensäure enthält, so wird ei- 
allgemein zur Herstellung reiner Kohlensäure verwandt. Endlich ist gemahlener 
roher oder gebrannter Kalk ein immer mehr geschätztes Düngemittel für kalk¬ 
arme Bodenarten." „Ich danke Ihnen für Ihre freundlichen Belehrungen," 
versetzte ich, „manches davon ist mir gänzlich neu." 
Vor uns ragte jetzt eine Felswand empor, deren Bänke, wie der Steiger 
sagte, 0,10 bis 1,5 m stark und unter einem Winkel von 200 geneigt sind. 
Von der Sohle aus waren der Länge und Quere nach gerade, stollenartige 
Gänge hineingeschlagen, so daß man tief in den Berg hineingehen konnte. 
Dieser lastete nur noch auf mehreren hintereinander liegenden Reihen mächtiger 
Pfeiler von 5 na Länge und 3 in Breite; auch die Gänge waren 3 in breit. 
Die Pfeiler der vorderen Reihe, welche heute gesprengt werden sollten — 
etwa zehn — waren noch einmal durchschnitten, so daß jeder Pfeiler zwei 
Beinen glich. In jedes Bein waren IO Bohrlöcher geschlagen, aus denen 
verschieden lange Zündschnüre heraushingen. Die Bohrlöcher hatten etwa 
5 Zentner Pulver verschluckt. Durch das Sprengen sollte sich von der Berg¬ 
wand eine 8 m tiefe, 28 m hohe Gesteinschicht in einer Länge von etwa 
60 in lösen. Berechne Dir selber den Rauminhalt dieser gewaltigen Masse! 
Der Steiger sagte mir, daß die Höhe der Brnchwand 28 in nicht überschreiten 
dürfe, da sonst die darunter arbeitenden Knappen gefährdet würden; auch 
zerkleinere sich beim Sturze das Gestein so sehr, daß es an Wert verliere. 
Noch 2O Minuten, und das große Ereignis sollte eintreten. Eilig 
stiegen „wir daher aus den oberen Rand des Tiefbaus, von wo wir den 
besten Überblick hatten. 
Jetzt eilten drunten im Kessel gegen 110 Knappen der Bergwand zu und 
nahmen an den Pfeilern Aufstellung. Jeder Mann hatte 2 bis 3 Schüsse 
zu besorgen. „Anzünden!" kommandierte ein Steiger; gleichzeitig leuchteten 
über 200 Fläminchen auf, und Qualm drang aus den Wölbungen hervor; 
die Knappen aber stürzten eilig davon. Mir bangte um die letzten Männer, 
die vereinzelt aus den Höhlen flüchteten. Zuletzt suchten der Obersteiger und 
der Steiger das Weite. 
Da krachte der erste Schuß, und nun folgte eine Kanonade, die meinem 
Nebenmann, einem Offizier von anno 70, das Herz im Leibe lachen machte. 
Voll Spannung hielt ich den Atem an. Horch!-ein Knirschen, ein 
Krachen, ein Poltern — eine Gesteinsschicht löste sich und rutschte nach unten, 
während noch vereinzelte Sprengschüsse donnerten. Aber nun kam erst die 
Hauptsache. Ich bemerkte, wie auf der oberen Flüche der Bergwand — denn 
unser Standpunkt lag höher — sich hintereinander mehrere Risse bildeten, die 
immer weiter und unheimlicher klafften, und endlich löste sich eine mächtige 
Wand ab, kippte in ihrer ganzen Ausdehnung nach vorne, brach dann mehrfach 
und stürzte zerbröckelnd auf die Bruchsohle. Dabei erdröhnte der Boden unter 
unsern Füßen. 
Kaum fünf Minuten hatte dieses großartige Schauspiel gewährt. Nach¬ 
dem wir uns von dem gewaltigen Eindruck erholt hatten, geleitete uns unser 
liebenswürdiger Führer in die Wölbungen der oberen Kalkschichten, durch die 
wir, uns gegenseitig an den Händen fassend, tappten. Endlich gelangten wir 
an einen langen, festgewölbten Tunnel, der quer durch den Bergrücken
	        
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