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König Konrad III. verlieh Dortmund zuerst städtische Privilegien.
Der Gaugraf. als Stellvertreter des Königs, hatte anfänglich alle
Rechte in Händen: Gericht, Freigrafschaft, Münze und Zoll. Später,
als die Kraft des Bürgertums erstarkte, als der Handel sich hob und
die Gilden an Einfluß gewaunen, riß die Stadt allgemach alle
Rechte des Grafen an sich und bildete sich immer mehr als selbst¬
ständiges Gemeinwesen aus.
Die ältesten Bürger der Stadt waren die Reichsleute, welche
Grund und Boden des altsächsischen Edelhofes und späteren Königs¬
gutes zugewiesen erhalten und dieses Gut im Laufe der Jahre
wiederum geteilt halten. Diese ansässigen Großgrundbesitzer führten
später den Namen Erbsassen. Im übrigen zerfiel die Bürgerschaft
in die Burg-, Öfter- und Westerbauerschaft. Jene Erbsassen zogen
sich allgemach vielfach vom Ackerbau zurück oder betrieben ihn nur
nebensächlich, befaßten sich dagegen vorwiegend mit dem Tuchhandel
und schlossen sich zu einer Gilde, der Reinoldsgilde, zusammen.
Auch führten sie den Namen Wandschneider (Gewandschneider —
Tuchhändler).
Aus dieser Bürgerschaft ging der Rat der Stadt Dortmund
hervor, welcher stets aus achtzehn Ratsherren bestand, und zwar
bis 1803, woselbst die Stadt ihre Selbständigkeit verlor.
Der aus den Geschlechtern der Patrizier bestehende Rat ließ
lange Zeit keinen aus der niederen Bürgerschaft in seine Reihe.
Als aber das Handwerkertum in seinen Gilden erstarkte, da mar¬
es auch bald genug mit der Selbstherrlichkeit des Rates vorbei,
und er mußte sich herbeilassen, Vertretern der Gilden Sitz und
Stimme im Rate der Stadt einzuräumen. Nach der Dortmunder
Verfassung setzte sich dann der aus achtzehn Mitgliedern bestehende
Rat zu zwei Dritteln aus dem Erbsassenstande und zu einem
Drittel aus den Gilden zusammen und wurde mit großer Förm¬
lichkeit am Tage vor Petri Stuhlfeier, am 21. Februar, gewählt.
Für diese Wahl wurde ein besonders starkes Bier, das Petersbier,
gebraut und ein besonderes Gebäck, der Peterskuchen, gebacken.
Außer den sechs Gilden gab es sechs Ämter, und zwar: das Gold¬
schmiede-, Weißgerber- oder Pelzer-, das Wollenweber-, Schneider¬
oder Schröder-, das Leinweber- und Schreineramt.
Hier in Dortmund tritt auch aus alten Tagen vor uns hin
das ernste Bild der Feme. Vermutlich war in Dortmund eine
wichtige altsächsische Mahlstatt gewesen, und diesen Umstand mag
der Frankenkönig Karl der Große benutzt haben, an dieser dem
Sachsenvolke ehrwürdigen Stätte sein Gericht, die Feme, walten
zu lassen. Aus diesem Grunde wurde auch der Freistuhl zu Dort¬
mund ein Hauptstuhl, eine Berufungsstätte für das ganze deutsche
Reich römischer Nation. Hier wurden Kaiser zu Wissenden gemacht