Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

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125. Telegraphie ohne Draht. 
Die Elektrizität, die wunderbare Naturkraft, welche sich unsere 
moderne Zeit so vielfach praktisch nutzbar zu machen verstanden hat, 
bleibt uns trotz aller Forschungen und Erfahrungen vorläufig noch 
immer ein Rätsel, dessen Lösung vielleicht einer späteren Zeit vor¬ 
behalten ist. 
Eine der neuesten wunderbaren Erscheinungen dieser Natur¬ 
kraft tritt uns bei der drahtlosen Telegraphie entgegen. 
Nach den von den Forschern Helmholtz, Hertz u. a. aufgestellten 
Grundsätzen bedarf die elektrische Kraft zu ihrer Fortbewegung und 
Verbreitung nicht der geschlossenen Leiter, wie wir sie in den Metall¬ 
drahtleitungen usw. kennen gelernt haben; auch das Wasser, ja die 
freie Luft genügen ihr, um Weg und Ziel zur weiteren Mitteilung 
und Entladung zu finden. Diese Grundsätze haben die Erfinder 
Marconi, Braun, Slabp u. a. — ein jeder in seiner Weise — in 
die Praxis übertragen und dabei ungeahnte und staunenswerte Er¬ 
folge erzielt. Ja, Marconi hat den großartigen Beweis erbracht, 
daß die Überbrückung des Atlantischen Ozeans ohne weitere Hilfs¬ 
mittel durch die drahtlose Telegraphie möglich ist. 
Mit dem Wesen der uns bisher bekannten Telegraphie ver¬ 
glichen, ergibt die Einrichtung und das Wesen der drahtlosen Tele¬ 
graphie folgende Unterschiede. Bei der Aufgabestation wird die 
an den Aufgabe-Apparat sich anschließende Drahtleitung an hohen 
Masten oder Türmen in die Luftschicht hinaufgeführt. Die durch 
den Apparat beim Telegraphieren durch Schließen und Unterbrechen 
des elektrischen Stromes erzeugten elektrischen Wellen werden von 
den Endpunkten der Drähte der umgebenden Luftschicht mitgeteilt 
und von dieser nach allen Richtungen hin aufgenommen und weiter¬ 
befördert. Als Empfänger dieser Wellensendungen dienen ähnliche, 
aus vielen Drähten oder Drahtnetzen bestehende Einrichtungen, welche 
ebenfalls auf hohen Masten und Türmen angebracht sind. 
Die von den Drahtenden aufgefangenen elektrischen Wellen 
gelangen zunächst zu einem sinnreich gestalteten Apparat, dem Fritter 
oder Kohärer, und von diesem zu dem eigentlichen Aufnahme-Apparat, 
welcher dem gleichen Apparat bei der gewöhnlichen Telegraphie 
ähnlich, wenn auch wesentlich komplizierter eingerichtet ist und von 
welchem das empfangene Telegramm abgelesen werden kann. 
Der Fritter oder Kohärer, der wichtigste Teil der Empfangs- 
Einrichtung, besteht aus zwei in eine Glasröhre eingeschlossenen 
Metall-Elektroden, zwischen welchen sich eine Schicht Eisenteile oder 
Nickelspäne befindet. Im gewöhnlichen, ruhenden Zustande liegen 
die Metall-Spänchen am Boden der Glasröhre; die Stromleitung 
ist also an dieser Stelle unterbrochen. Die eintretende elektrische
	        
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