Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

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durch den Wiesengrund nehmen und wenn da unten noch jemand 
war, der sich seiner bedienen wollte, so hatte er weiter nichts dagegen. 
Aber vielen Naturkräften haftet etwas Zufälliges an, das 
für einen regelmäßigen Gewerbebetrieb verhängnisvoll werden muß. 
So wird der Müller feine Mühle still setzen müssen, wenn in einem 
trockenen Sommer sein Bächlein versiegt, den Frost braucht er schon 
weniger zu fürchten, da schnellströmende Gewässer seltener zufrieren. 
Schon früh fing man deshalb an, sich von den Zufälligkeiten der 
Natur einigermaßen unabhängig zu machen, indem man das Wasser 
in Sammelbassins auffing und im Falle der Not von diesem Vorrat 
das gewünschte Quantum abzapfte. Außerdem war man so in der 
Lage, den Zufluß genau zu regulieren. Solcher Anlagen finben wir in 
den Flußtälern der westfäl. Mark, des Bergischen, des ganzen Sauer¬ 
landes, wo sich die Kleinindustrie erhalten hat, unendlich viele, und 
ich bezweifle nicht, daß sie sich nur vermöge dieser Anlagen erhalten 
hat. Aber solche Sammelteiche leiden zumeist an dem Übelstand, 
daß sie nicht zureichend sind, weil sie doch nur einen verhältnis¬ 
mäßig geringen Inhalt haben. Sie konnten also nicht davor be¬ 
wahren, daß im Winter ein ungeheures Wasserquantum nutzlos 
dahinfloß, während im Sommer ein recht fühlbarer Mangel eintrat. 
So kam man dazu, jene großen Sammelbecken anzulegen, die ganze 
Flußtäler mittelst riesenhafter Mauern absperren: Talsperren. 
a. Die Heilenbecker Talsperre. 
Um einige Anlagen dieser Art in unserer Heimat zu besuchen, 
beginnen wir mit der Heilenbecker Talsperre. Sie ist von 
Gevelsberg und Milspe, auch Schwelm in Westfalen aus gleich gut 
zu erreichen. Ein malerisches Bild im Sonnenlicht, zieht sich Gevels¬ 
berg, ein ausgedehnter Ort, den Berg hinan und sendet als Ausläufer 
schmale Häuserreihen die Ennepe entlang nach Haspe zu. Überall 
lugen Häuser und Häuschen aus dem Grün der Gebüsche hervor 
bis fernerhin, wo halbversteckt in Duft und Baumkronen der breite 
Wasserturm des Barmer Wasserwerks sich nahe Volmarstein erhebt. 
Steil führt der Weg zum Tal hinab; an Villen vorbei, die 
hinter zierlichem Gitterwerk im Grünen liegen, gelangen wir zur 
Chaussee und wenden uns zugleich zur Rechten nach Milspe zu. 
Ein wenig zur Seite sehen wir die Ennepe zwischen blühendem 
Gesträuch hindurchschimmern, in kurzen Abständen folgen sich an 
ihrem Ufer Schleifkotten und Hammerwerke, alle mit genügender 
Vetriebskraft versehen von diesem winzigen Flusse, der nicht müde 
wird, von seiner Quelle bis zur Mündung seine Kräfte in den Dienst 
der Menschen zu stellen. Vor einem lustig pochenden Hammerwerk 
ist das ganze Tal mit einem hohen Damme verschlossen, über den 
die Vergisch-Märkische Bahn ihren Weg ins Wuppertal nimmt, ein 
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