Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

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langer Tunnel, der durch diesen künstlichen Berg führt, dient dazu, 
den rüstigen Wanderer sowohl als auch den langsam dahinklingelnden 
Lokalzug nach Milspe zu geleiten. Ein wunderbares Tal ist dies, 
in welches wir nun eintreten; von drei Seiten abgeschlossen, lagert 
in diesem Winkel eine Ruhe und Wärme, die im Lenz das erste 
Grün an seinen bewaldeten Hängen sprossen läßt und es bis lange 
hinzu in den Herbst vor der Vernichtung bewahrt. 
Das anmutig im Tal gelagerte Milspe durchschreitend, be¬ 
merken wir, daß auch hier die Industrie sich vorwiegend auf die 
Kraft des kleinen Flusses stützt, dessen Ufer wir uns nun 311 ver¬ 
lassen anschicken. In der Nähe des auf einem vorspringenden Hügel 
gelegenen Kirchleins trennen sich die Wege: links geht's mit der 
Ennepe nach Altenvörde zu, rechts im Rahlenbecketal nach Schwelm 
und geradeaus geht's unserem Ziele entgegen. Ein murmelndes 
Bächlein ist unser Begleiter: die Heilenbecke, deren Lauf ganz in 
unserer Nähe in einem Hammerteiche sein Ende findet. Man kann 
sich nicht wohl etwas Anmutigeres denken als das Tal, in dem 
unser Weg dahinführt, immer geleitet von dem niederen Bächlein 
im Buschversteck. An beiden Seiten treten die bewaldeten Hügel 
dicht an den Weg heran, uur hier und dort wird der Zwischenraum 
größer, und hochbestandene, bunte Wiesen nehmen ihn ein. Nun 
folgt ein Werk, aus dem die unzählbaren Schläge des Quikhammers 
in schnellem Takte hervorschallen, schwer und gewichtig fällt daneben 
der große Hammer auf das glühende Metall. Die Feuer schlagen 
vom fauchenden Blasbalg getrieben hoch in die Esse, und rauschend 
schießt das Wasser unter den Rädern durch. Das ist ein seltsam 
Leben in dem heißen Sommertag, und wenn wir unter der Türe 
des Hammers stehend in die rotumflackerte Dämmerung hinein¬ 
schauen, möchten wir uns fast schämen, daß wir hier müßig gehen, 
wo jeder geschäftig seinem Werke obliegt. Sachte steigen wir am 
Hammerteich entlang zur Chaussee zurück. 
Nun folgen in bunter Abwechselung in diesem gesegneten 
Tale hübsche Billen und Arbeiterhäuschen mit reich bestandenen 
Blumengärten zur ,Seite, Rosen und Nelken blühen allenthalben, 
und die Hecken duften von Flieder und Jasmin. In der Nähe 
der Bauernhöfe herrscht reges Leben auf den Wiesen. Ins fußhohe 
Gras beißt sich die Sense mit scharfem Zahn; hier wendet man 
um und von dort her bringt schon der scharfe Heugeruch durch die 
Schwüle betäubend auf uns ein. Das ist ein rechtes Wandern 
zur Rosenzeit. . . . 
Nachdem wir so etwa zwei Stunden gegangen sind, hebt sich 
unser Weg steiler bergan und wenn wir auf die Lichtung hinaus¬ 
treten, sehen wir den weiten Wasserspiegel der Talsperre vor uns. 
Hoch darüber hinaus blickt auf vorspringendem Felsen ein Gasthaus,
	        
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