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Ebenso sonderbar wie die Ausschreitungen in betreff der Stoffe
und der Mode waren aber auch die Verordnungen, die dem Übel steuern
sollten. Im Jahre 1479 vereinigten sich die Adeligen zu dem Be¬
schlusse, den Kleiderluxus zu beschränken und jede Übertretung der ein¬
geführten Ordnung zu strafen. Auch die Reichstage beschäftigten fich
eingehend mit der Frage, wie man der unsinnigen Verschwendung am
zweckmäßigsten wehren könne. Diese Beratungen führten auf dem Reichs¬
tage zu Freiburg i. Br. im Jahre 1498 zu folgenden Bestimmungen:
,Handwerksleute und ihre Knechte, auch sonst ledige Knechte, sollen kein
Tuch zu Hosen oder Kappen tragen, davon die Elle mehr als drei¬
viertel Gulden kostet. Aber zu Röcken und Mänteln sollen sie sich in¬
ländischer Tücher, davon die Elle nicht über einen halben Gulden
kostet, begnügen lassen; auch kein Gold, Perlen, Silber, Sammet, Seiden,
Schamelott, noch gestückelte Kleidung antragen. Item: Reisige Knechte
sollen kein Gold, Silber noch Seiden, noch Hauben mit Gold oder
Silber gemacht, tragen, auch ihre Kleidung nicht mit Se'de verbrämen.
Item sollen jedermann gefältelte Hemden und Brusttuch, mit Gold oder
Silber gemacht, auch goldene oder silberne Haubeu zu trageu verboten
sein, davon ausgenommen Fürsten und Fürstenmäßige, auch Grafen, Herrn
und die vou Adel, sie sollen hierin nicht begriffen sein, sondern sich
sonst, jeglicher nach seinem Stand, in solchem ziemlich halten, tragen
und Übermaß vermeiden; und sonderlich sollen die von Adel, die nicht
Ritter oder Doktoren sind, Perlen oder Gold in ihren Hemden uud
Brusttüchern zu tragen abstellen uud vermeiden. Doch mögen die von
Adel, die Ritter oder Doktoren sind, zwei Unzen Goldes, nicht darüber,
und die, so nicht Ritter oder Doktoren sind. zwei Unzen Silber und
nicht darüber, an ihren Hauben tragen/
Von ihrem Kleiderprunk ließen die Deutschen selbst dann noch nicht,
als der dreißigjährige Krieg mit allen seinen Schrecken durch das Land
zog; im Gegenteil, die Klagen aller Besonnenen über Üppigkeit im
Essen und Trinken und über die nie zuvor gesehene Kleiderpracht er¬
schollen lauter als früher, und es bedurfte noch vieler Jahre und einer
vollständigen Erneuerung des geistigen Lebens, ehe man zn der Einsicht
gelangte, daß die grobsinnlichen Genüsse den Menschen zum Tiere
hercibdriicfeu, wenn sie nicht durch Maßhalten eingeschränkt und ge¬
bändigt werden.
Während Festlichkeiten, Spiele u. dgl. uns das Volk gleichsam in
seinem Staatskleide und in der Ausgelassenheit einer gehobenen Stimmung
Häus¬
liches
Leben.